Pizzalieferservice muss für fertig verpackte Waren (z.B. Bierfässchen) neben dem End- auch den Grundpreis angeben
BGH 28.6.2012, I ZR 110/11Die Beklagten bieten die Lieferung frisch zubereiteter Speisen wie Pizza, Pasta, Salate und Aufläufe sowie von verpackten Getränken und Desserts an; die Speisen und Getränke können auch von den Kunden abgeholt werden. Im Mai 2010 warben die Beklagten auf einem als Postwurfsendung verteilten Faltblatt u.a. für die Getränke "5 l Fass Bitburger Premium Pils solo" und "Chianti, Lambrusco, Soave 0,75 l" sowie die Eiscreme "Cookie Caramel Brownie Cup 500 ml" unter Angabe der jeweiligen Endpreise, aber ohne Angabe der entsprechenden Grundpreise.
Nach Ansicht des Klägers, des Vereins gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln, haben die Beklagten damit gegen die Pflicht zur Angabe des Grundpreises gem. § 2 Abs. 1 PAngV verstoßen und zugleich wettbewerbswidrig gehandelt. Er nimmt die Beklagten auf Unterlassung und Ersatz der Abmahnkosten in Anspruch.
Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Beklagten im Streitfall nicht auf die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV stützen können. Die Regelung des § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV setzt Art. 3 Abs. 2 1. Spiegelstrich der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse in das deutsche Recht um. Die genannte Richtlinienbestimmung gestattet es den Mitgliedstaaten, für "bei Erbringen einer Dienstleistung gelieferte Erzeugnisse" keine Verpflichtung zur Grundpreisangabe vorzusehen.
Soweit die Beklagten Getränke und Eiscreme in Fertigpackungen gesondert zu einem eigenen Preis - also nicht in Kombination mit Speisen - anbieten und bewerben, steht ihnen die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV nicht zur Seite. Die Vorschrift entbindet den Unternehmer grundsätzlich nicht, für Waren, die er seinen Kunden im Rahmen eines Lieferservice anbietet und die an sich unter die Bestimmung des § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV fallen, den Grundpreis anzugeben. Bei den vom Antrag erfassten Lebensmitteln - Bier, Wein und Eiscreme - handelt es sich um Waren in Fertigpackungen, für die die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises besteht. Die Lieferung der Waren ändert daran nichts.
Auch der Umstand, dass die Beklagten den Wein, das Bier und die Eiscreme im Zusammenhang mit der Lieferung von Speisen anbieten, die erst noch zubereitet werden müssen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zugeschnitten ist die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV u.a. auf Gaststätten, deren Angebot sich neben angebotenen Speisen und der Gelegenheit zum Verzehr vor Ort teilweise auch darauf bezieht, das Getränke in der Flasche oder offen angeboten werden. Hier tritt die Lieferung der Getränke gegenüber den Dienstleistungen klar in den Hintergrund. Werden Lebensmittel (Bier, Wein und Eiscreme) dagegen in Fertigpackungen neben den zubereiteten Speisen (Pizza) nach Hause geliefert, steht die Warenlieferung ähnlich wie beim Straßenverkauf durch eine Gaststätte im Vordergrund mit der Folge, dass die Ausnahmeregelung hierauf keine Anwendung findet.
Im Übrigen hat das OLG zu Recht festgestellt, dass sich das beantragte und ausgesprochene Verbot nicht auf die Werbung für die Kombinationsangebote der Beklagten - wie etwa das Angebot eines aus einer Familienpizza und einem kleinen Fässchen Bier bestehenden "Party-Pakets" - bezieht. Nach § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV besteht keine Verpflichtung zur Nennung des Grundpreises für Waren, die verschiedenartige, nicht miteinander vermischte oder vermengte Erzeugnisse enthalten. Für solche zusammengesetzten Angebote muss kein Grundpreis angegeben werden, obwohl für jedes von dem Angebot umfasste Erzeugnis bei gesonderter Abgabe der Grundpreis nach § 2 Abs. 1 PAngV genannt werden müsste.
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