Post muss NPD-Publikation als Postwurfsendung verteilen
BGH 20.9.2012, I ZR 116/11Die klagende NPD-Fraktion gibt eine Druckschrift mit dem Titel "Klartext" heraus. In dieser berichtet sie über ihre Fraktionsarbeit und über aktuelle politische Themen. Die Publikation soll in einer Auflage von 200.000 Stück in Leipzig an alle Haushalte mit Tagespost verteilt werden. Die Klägerin war der Ansicht, die Deutsche Post sei verpflichtet, mit ihr einen entsprechenden Rahmenvertrag über die Beförderung und Verteilung der Publikation als Postwurfsendung abzuschließen. Die beklagte Deutsche Post war hingegen der Auffassung, es bestehe kein Beförderungszwang, weil die zu verteilende Publikation nicht konkret adressiert werde. Es handele sich bei dem Druckwerk lediglich um eine Postwurfsendung, deren Verteilung keiner Regulierung unterliege.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Urteil des Berufungsgerichts auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Die Beklagte ist zum Abschluss eines Rahmenvertrags über die Beförderung der Druckschrift der Klägerin und zur Beförderung nach § 2 Postdienstleistungsverordnung (PDLV) verpflichtet.
Um die flächendeckende Grundversorgung mit Postdienstleistungen sicherzustellen, sieht die gesetzliche Regelung vor, dass die Lizenzträger, zu denen die Deutsche Post zählt, verpflichtet sind, bestimmte Postdienstleistungen, sog. Universaldienstleistungen, zu erbringen. Die hier nachgefragte Leistung stellt eine solche Universaldienstleistung i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Postuniversaldienstleistungsverordnung (PUDLV) dar. Bei der Publikation handelt es sich um eine periodisch erscheinende Druckschrift, die zu dem Zweck herausgegeben wird, die Öffentlichkeit über Tagesereignisse, Zeit oder Fachfragen durch presseübliche Berichterstattung zu unterrichten.
Entgegen der Ansicht des OLG darf der Umstand, dass die Publikation der Werbung für die Politik und Arbeit der Klägerin dient, auf die Entscheidung keinen Einfluss haben. Die Einordnung als Universaldienst verfolgt mit dem dadurch bestimmten Beförderungszwang das Ziel, zur Förderung der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gewährleisteten Pressefreiheit Erzeugnisse der Presse dem Empfänger so günstig wie möglich zuzuführen. Die Pressefreiheit begründet für den Staat jedoch eine inhaltliche Neutralitätspflicht, die jede Differenzierung nach Meinungsinhalten verbietet.
Der Einwand der Beklagten, dass es sich bei der in Rede stehenden Publikation nicht um eine periodisch erscheinende Druckschrift handelt, war unerheblich. Ausreichend hierfür ist, dass die Druckschrift nach ihrer Aufmachung - anders als ein Flugblatt - auf das für eine Zeitung oder Zeitschrift übliche periodische Erscheinen angelegt ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie trotz dieser Aufmachung nur gelegentlich publiziert werden soll. Das war hier der Fall. Die Tatsache, dass es in der Vergangenheit aufgrund der Weigerung der Beklagten bei der Verteilung zu Schwierigkeiten gekommen war, konnte der Klägerin nicht entgegengehalten werden.
Auch der Umstand, dass die fraglichen Druckschriften nicht adressiert sind, stand hier einer Einordnung als Universaldienstleistung i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV, § 4 Nr. 1c PostG nicht entgegen. Denn soweit der Empfängerkreis hinreichend bestimmt ist, unterliegt die Beförderung von nicht adressierten Sendungen keinen für die Beklagte unzumutbaren Schwierigkeiten und trägt dem Bedürfnis Rechnung, auch die Beförderung von Massendrucksachen zu ermöglichen, die sich an eine Vielzahl von Empfängern richten. Ausgeschlossen wäre die Beförderung allerdings dann, wenn besondere Ausschlussgründe vorliegen, etwa weil der Inhalt der Publikation gegen strafrechtliche Bestimmungen verstößt (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 PUDLV) oder rassendiskriminierendes Gedankengut enthält (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 PUDLV). Dazu hatte die Deutsche Post allerdings nichts vorgetragen.
Linkhinweise:
- Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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