Prominenter hat Anspruch gegen Fernsehzeitschrift wegen unzulässiger Verwendung eines Bildes als Klickköder
OLG Köln v. 28.5.2019 - 15 U 160/18
Der Sachverhalt:
Der beklagte Zeitschriftenverlag gibt eine Fernsehzeitschrift heraus. Diese veröffentlichte auf ihrem Facebook-Profil vier Bilder von Prominenten, verbunden mit dem Text: "Einer dieser TV-Moderatoren muss sich wegen Krebserkrankung zurückziehen". Durch Anklicken der Meldung wurden die Leser auf die Internetseite der Zeitschrift weitergeleitet, wo wahrheitsgemäß über die Erkrankung eines der abgebildeten Moderatoren berichtet wurde. Informationen über den unstreitig hiervon nicht betroffenen Kläger, einen bekannten Fernsehmoderator, fanden sich dort nicht. Nach öffentlicher Kritik löschte die Redaktion den Text nach kurzer Zeit.
Das LG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 20.000 €.Die Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Zeitschriftenverlag; die zu zahlende Summe war auf 20.000 € festzusetzen.
Das Bild des Klägers wurde unzulässig kommerziell genutzt. Mit der Veröffentlichung war keinerlei Informationswert mit Blick auf den Kläger verbunden. Die haltlosen Spekulationen über eine mögliche Krebserkrankung bezogen auf den Kläger lagen an der Grenze zu einer bewussten Falschmeldung. Die redaktionelle Berichterstattung im Zielartikel hatte keinen Bezug zum Kläger. Das Bild des Klägers hat weder den Teaser noch den Zielbericht ergänzt.
Insgesamt handelt es sich vorliegend um ein Beispiel für einen "Klickköder" (sog. clickbaiting), bei dem die reißerische Überschrift in Verbindung mit Bildern Prominenter bei den Lesern eine "Neugierlücke" öffnet. Die Nachricht gibt einerseits genug Informationen aus einem emotionsbehafteten Bereich, um die Leser neugierig zu machen, andererseits als bloßer "Informationsschnipsel" nicht genug, um diese Neugier vollends zu befriedigen. Um die Leser gezielt zum Weiterklicken zu animieren, wurde bewusst in Kauf genommen, dass die verlinkte Meldung im Zielartikel keinerlei Bezug zu drei der vier Abgebildeten hatte. Vielmehr wurde die Beliebtheit der Abgebildeten gezielt zu dem (einzigen) Zweck ausgenutzt, um möglichst viel "Traffic" auf die eigene Internetseite umleiten zu können, den eigenen Internetauftritt bekannter zu machen und durch die so erzeugten "Klicks" dort Werbemehreinnahmen zu erzielen.
Rechtlich ist die Forderung nicht - wie häufig in anderen Fällen unzulässiger Verwendung von Bildern - als Geldentschädigungsanspruch und damit als besondere Form des Schmerzensgeldes zu begründen. Vielmehr kann der Kläger seinen Anspruch aus dem Gesichtspunkt der sog. "Lizenzanalogie" geltend machen. Danach muss der Verlag den Betrag bezahlen, den er dadurch "gespart"" hat, dass er vom Abgebildeten keine Lizenz für die Abbildung erworben hat. Ein solcher Betrag wird vom Gericht geschätzt und muss auch dann gezahlt werden, wenn der Abgebildete überhaupt nicht bereit gewesen wäre, sein Bild für die fragliche Nutzung lizensieren zu lassen. Der Zahlungsanspruch fingiert nicht die Zustimmung zur Veröffentlichung, sondern er stellt einen Ausgleich für einen rechtswidrigen Eingriff dar. Bei der Bestimmung der angemessenen Lizenzgebühr war insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger einen überragenden Markt- und Werbewert hat und außergewöhnlich beliebt ist und dass es sich bei der in den Raum gestellten Krebserkrankung des Klägers um ein sensibles Thema gehandelt hat.
OLG Köln PM vom 3.6.2019
Der beklagte Zeitschriftenverlag gibt eine Fernsehzeitschrift heraus. Diese veröffentlichte auf ihrem Facebook-Profil vier Bilder von Prominenten, verbunden mit dem Text: "Einer dieser TV-Moderatoren muss sich wegen Krebserkrankung zurückziehen". Durch Anklicken der Meldung wurden die Leser auf die Internetseite der Zeitschrift weitergeleitet, wo wahrheitsgemäß über die Erkrankung eines der abgebildeten Moderatoren berichtet wurde. Informationen über den unstreitig hiervon nicht betroffenen Kläger, einen bekannten Fernsehmoderator, fanden sich dort nicht. Nach öffentlicher Kritik löschte die Redaktion den Text nach kurzer Zeit.
Das LG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 20.000 €.Die Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Zeitschriftenverlag; die zu zahlende Summe war auf 20.000 € festzusetzen.
Das Bild des Klägers wurde unzulässig kommerziell genutzt. Mit der Veröffentlichung war keinerlei Informationswert mit Blick auf den Kläger verbunden. Die haltlosen Spekulationen über eine mögliche Krebserkrankung bezogen auf den Kläger lagen an der Grenze zu einer bewussten Falschmeldung. Die redaktionelle Berichterstattung im Zielartikel hatte keinen Bezug zum Kläger. Das Bild des Klägers hat weder den Teaser noch den Zielbericht ergänzt.
Insgesamt handelt es sich vorliegend um ein Beispiel für einen "Klickköder" (sog. clickbaiting), bei dem die reißerische Überschrift in Verbindung mit Bildern Prominenter bei den Lesern eine "Neugierlücke" öffnet. Die Nachricht gibt einerseits genug Informationen aus einem emotionsbehafteten Bereich, um die Leser neugierig zu machen, andererseits als bloßer "Informationsschnipsel" nicht genug, um diese Neugier vollends zu befriedigen. Um die Leser gezielt zum Weiterklicken zu animieren, wurde bewusst in Kauf genommen, dass die verlinkte Meldung im Zielartikel keinerlei Bezug zu drei der vier Abgebildeten hatte. Vielmehr wurde die Beliebtheit der Abgebildeten gezielt zu dem (einzigen) Zweck ausgenutzt, um möglichst viel "Traffic" auf die eigene Internetseite umleiten zu können, den eigenen Internetauftritt bekannter zu machen und durch die so erzeugten "Klicks" dort Werbemehreinnahmen zu erzielen.
Rechtlich ist die Forderung nicht - wie häufig in anderen Fällen unzulässiger Verwendung von Bildern - als Geldentschädigungsanspruch und damit als besondere Form des Schmerzensgeldes zu begründen. Vielmehr kann der Kläger seinen Anspruch aus dem Gesichtspunkt der sog. "Lizenzanalogie" geltend machen. Danach muss der Verlag den Betrag bezahlen, den er dadurch "gespart"" hat, dass er vom Abgebildeten keine Lizenz für die Abbildung erworben hat. Ein solcher Betrag wird vom Gericht geschätzt und muss auch dann gezahlt werden, wenn der Abgebildete überhaupt nicht bereit gewesen wäre, sein Bild für die fragliche Nutzung lizensieren zu lassen. Der Zahlungsanspruch fingiert nicht die Zustimmung zur Veröffentlichung, sondern er stellt einen Ausgleich für einen rechtswidrigen Eingriff dar. Bei der Bestimmung der angemessenen Lizenzgebühr war insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger einen überragenden Markt- und Werbewert hat und außergewöhnlich beliebt ist und dass es sich bei der in den Raum gestellten Krebserkrankung des Klägers um ein sensibles Thema gehandelt hat.