Rechtsprechungsänderung bei der Zuordnung der Zahlung der Beschwerdegebühr durch Patentinhaber
BGH 19.9.2017, X ZB 1/17Die beiden Rechtsbeschwerdeführerinnen sind Inhaberinnen des Streitpatents 10 2007 026 832 mit der Bezeichnung "Mehrschichtlager". Auf den Einspruch der Rechtsbeschwerdegegnerin hat das Patentamt das Streitpatent widerrufen. Gegen den ihnen am 23.12.2014 zugestellten Beschluss haben die Patentinhaberinnen mit Schriftsatz ihrer gemeinsamen Verfahrensbevollmächtigten vom 22.1.2015, der am gleichen Tag per Telefax beim Patentamt eingegangen war, Beschwerde eingelegt. Zugleich wurde eine Beschwerdegebühr von 500 € durch Erteilung einer Einzugsermächtigung entrichtet. Nach einem Hinweis des Patentgerichts entrichteten die Patentinhaberinnen eine weitere Gebühr und beantragten hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr.
Das Patentgericht hat beschlossen, dass die Beschwerde als nicht erhoben gilt. Auf die Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin zu 1) hat der BGH den Beschluss Bundespatentgerichts aufgehoben, soweit festgestellt worden war, dass die Beschwerde der Patentinhaberin zu 1) als nicht erhoben gilt. Im Umfang der Aufhebung wurde die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen. Die Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin zu 2) hat der BGH zurückgewiesen.
Gründe:
Zwar hat das Patentgericht zutreffend angenommen, dass für die Beschwerde der Patentinhaberinnen innerhalb der Beschwerdefrist zwei Beschwerdegebühren zu entrichten waren. Die Rechtsbeschwerde beanstandete jedoch zu Recht die Auslegung der Beschwerde durch das Patentgericht.
Das Verhalten der Patentinhaberinnen bei Einlegung der Beschwerde war mehrdeutig. Eine ausdrückliche Angabe dazu, für welche der beiden Patentinhaberinnen Beschwerde eingelegt werden sollte, enthält die Beschwerdeschrift nicht. Im Betreff sind beide Rechtsbeschwerdeführerinnen aufgeführt und als Patentinhaberinnen bezeichnet, was darauf hindeutet, dass die Beschwerde für beide eingelegt werden sollte. Zugleich wurde jedoch trotz des Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses, wonach die Beschwerdegebühr für jeden Beschwerdeführer gesondert zu zahlen ist nur eine Beschwerdegebühr entrichtet, was dafür sprechen könnte, dass die Beschwerde nur für eine der beiden Patentinhaberinnen erhoben werden sollte.
Ohne Erfolg wandte sich die Rechtsbeschwerde zwar gegen die Auffassung des Patentgerichts, aus der Beschwerde habe sich nicht hinreichend deutlich ergeben, dass die beiden Patentinhaberinnen bei der Anmeldung des Streitpatents als Rechtsgemeinschaft in der Form einer GbR aufgetreten waren mit der Folge, dass die Beschwerde nur von einer Person eingelegt wurde. Zutreffend hat das Patentgericht dabei zugrunde gelegt, dass das Beschwerdegericht bei der im Fall einer mehrdeutigen Beschwerdeerklärung gebotenen Auslegung auch auf den Inhalt der im vorangegangenen Verfahren vor dem Patentamt angefallenen Akten zurückgreifen kann. Der Umstand, dass das Patentamt für die beiden Patentinhaberinnen eine gemeinsame Anmelder-Nummer eingerichtet hatte, sprach lediglich dafür, dass diese, bereits zuvor mehrfach gemeinsam Patentanmeldungen getätigt hatten, nötigte jedoch nicht zu dem Schluss, dass sie sich dafür zu einer GbR verbunden hatten.
Zu Recht beanstandete die Rechtsbeschwerde jedoch, dass das Patentgericht angenommen hatte, die Beschwerdeerklärung könne nicht dahin ausgelegt werden, dass die Beschwerde für die im Rubrum der angefochtenen Entscheidung an erster Stelle aufgeführte Rechtsbeschwerdeführerin zu 1) eingelegt werden sollte. Für den Fall, dass wie hier solche Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind, hat die Rechtsprechung bislang angenommen, dass eine Zuordnung der entrichteten Beschwerdegebühr nicht möglich sei und die Beschwerde sämtlicher Beteiligter als nicht erhoben gelte. An dieser Rechtsprechung wird nicht mehr festgehalten. Haben zwei Beteiligte gemeinsam eine Beschwerdeschrift eingereicht, jedoch nur eine Beschwerdegebühr gezahlt, ist ihre Erklärung im Zweifel dahin auszulegen, dass die Beschwerde, falls sie mangels Entrichtung einer ausreichenden Zahl von Gebühren nicht für beide Beteiligte in zulässiger Weise erhoben wurde, für den im Rubrum der angefochtenen Entscheidung an erster Stelle Genannten erhoben sein soll.
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