22.11.2023

Rechtswidrige Gestaltung eines Kündigungsbuttons

Die Grundsätze zur Zwei-Klick-Lösung, die bei der Ausgestaltung des Impressums anzuwenden sind, sind auf den § 312 k II 4 BGB nicht anzuwenden. Nach dem Sinn und Zweck des § 312 k BGB sollte der Verbraucher ein Rechtsgeschäft, das auf eine dauerhafte rechtliche Beziehung ausgelegt ist, genauso leicht kündigen können wie er den Vertrag abschließen konnte. Durch eine derart einfache Kündigungsmöglichkeit sollte der dahinterstehende Verbraucherschutz gestärkt werden.

LG München I v. 16.11.2023, 12 O 4127/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Mitglied des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Die Beklagte betreibt eine Webseite unter einer Second-Level-Domain, die den Abschluss von Verträgen zwischen der Beklagten und ihrer potentiellen Kunden zur Inanspruchnahme von Pay-TV-Leistungen in Form von Dauerschuldverhältnissen auf elektronischem Wege, auch für Verbraucher, zum Gegenstand hat. Die Kunden der Beklagten bezahlen ein Entgelt für die Leistungen der Beklagten. Über die Webseite der Beklagten können deren Kunden ihre Verträge, die zwischen der Beklagten und ihren Kunden geschlossen wurden, auch beenden.

Ruft man die Webseite der Beklagten auf, so ist am unteren Bildschirmrand eine Schaltfläche mit der Aufschrift "Weitere Links einblenden" zu finden. Diese Schaltfläche ist in grauer Schrift auf weißem Hintergrund ausgestaltet. Nach dem Klick auf die Schaltfläche "Weitere Links einblenden" erscheinen im oberen Bereich der Webseite die Links zu den Themen "Angebote & Pakete", "Top Unterhaltung", "Live Sport", "S... Kategorien", "Unternehmen", "Weitere Plattformen", "Infos" und "Schnellzugriff". Diese einzelnen Themenbereiche sind fett hervorgehoben. Unterhalb von diesen insgesamt 58 Links befindet sich in kleinerer und grauer Schrift (RGB-Wert 74,74,74) eine Schaltfläche mit der Aufschrift "Kündigen". Diese Schaltfläche befindet sich auf der unteren rechten Seite der streitgegenständlichen Webseite. In der Zeile mit dem Button "Kündigen" befinden sich die in gleicher Weise formatierten Schaltflächen "Impressum", "Kontakt", "Datenschutz & Cookies", "Nutzungsbedingungen" und "AGB".

Der Kläger war der Ansicht, die Beklagte verstoße bei der Verwendung ihres Kündigungsbuttons wie oben beschrieben gegen die gesetzlichen Verpflichtungen aus § 312 k II 4 BGB, indem die Kündigungsschaltfläche der Beklagten nicht unmittelbar und nicht leicht zugänglich für die Verbraucher sei. Die Begriffe "unmittelbar" und "leicht zugänglich" orientierten sich an Artikel 246d § 2 II EGBGB. Nach erfolgloser Abmahnung gab das LG der Unterlassungsklage statt.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf den eingeklagten Unterlassungsanspruch gem. § 2 II Nr. 1 UKlaG i.V.m. § 312 k BGB. Die Beklagte verstößt bei der Verwendung ihres Kündigungsbuttons gegen § 312 k II 2 BGB und § 312k II 4 BGB. Es handelt sich um zwei verschiedene Verstöße. Bereits ein einzelner Verstoß wäre ausreichend gewesen für die Annahme der Begründetheit des eingeklagten Unterlassungsanspruchs.

Nach § 312 k II 2 BGB muss die Kündigungsschaltfläche gut lesbar sein und muss mit nichts anderem als den Wörtern "Verträge hier kündigen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Die fehlende gute Lesbarkeit folgt im vorliegenden Fall daraus, dass der Button mit der Aufschrift "Kündigen" kleiner geschrieben ist als der sonstige Fließtext auf der Webseite der Beklagten. Überdies wird bei der Ausgestaltung der Kündigungsschaltfläche eine graue Farbe verwendet, die schwerer vom weißen Hintergrund der Webseite unterschieden werden kann. Die Kombination dieser beiden Gegebenheiten führt dazu, dass die Aufschrift "Kündigen" nicht gut lesbar ist. An dieser Stelle muss hervorgehoben werden, dass die Webseite der Beklagten nicht rein in grau ausgestaltet ist. Es sind z.B. farbige Bilder eingefügt.

Gem. § 312 k II 4 BGB müssen Schaltflächen und die Bestätigungsseite ständig verfügbar und unmittelbar und leicht zugänglich sein. Die Begriffe "unmittelbar" und "leicht zugänglich" orientieren sich dabei an Artikel 246d § 2 II EGBGB. Das Unmittelbarkeitskriterium und das Kriterium, dass die Schaltfläche leicht zugänglich ist, werden nicht dadurch gewahrt, dass der Kündigungsbutton erst sichtbar wird, wenn zuvor der Button mit der Aufschrift "Weitere Links einblenden" angeklickt wird. Wenn der Verbraucher die Domain der Beklagten im Internet eingibt, gelangt er auf die Hauptwebseite der Beklagten und findet dort mehrere Schaltflächen, von denen keine einen Kündigungsbutton darstellt. Erst hinter der Schaltfläche "Weitere Links einblenden" erscheint der Link mit dem Kündigungsbutton. Dieser ist jedoch erst unter einer Vielzahl (58 Links insgesamt) von weiteren Links ersichtlich.

Die Schaltflächen, die nach dem Klick auf den "Weitere Links einblenden"-Button erscheinen, beschäftigen sich mit völlig unterschiedlichen Themenbereichen. Auch dies ermöglicht es dem Verbraucher nicht, in übersichtlicher Weise den Zugang zur Kündigungsschaltfläche leicht zu finden. Hingegen wird der Verbraucher bereits auf der ersten Seite durch die farblich hervorgehobene Angebotsschaltfläche auf die Vertragsabschlussmöglichkeit hingewiesen. Die Grundsätze zur Zwei-Klick-Lösung, die bei der Ausgestaltung des Impressums anzuwenden sind, sind auf den § 312 k II 4 BGB nicht anzuwenden. Nach dem Sinn und Zweck des § 312 k BGB sollte der Verbraucher ein Rechtsgeschäft, das auf eine dauerhafte rechtliche Beziehung ausgelegt ist, genauso leicht kündigen können wie er den Vertrag abschließen konnte. Durch eine derart einfache Kündigungsmöglichkeit sollte der dahinterstehende Verbraucherschutz gestärkt werden.

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