26.02.2015

Regelung in § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist grundsätzlich analogiefähig

In Fällen, in denen der Insolvenzverwalter das Vermögen des Schuldners aus seiner selbständigen Tätigkeit freigibt und in denen über dieses Vermögen ein gesondertes Insolvenzverfahren eröffnet wird, ist ein in diesem Verfahren gestellter Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung jedenfalls solange unzulässig, als über seinen im Ausgangsverfahren gestellten Restschuldbefreiungsantrag noch nicht entschieden ist. Sowohl die Regelungssystematik der §§ 287 ff InsO als auch Sinn und Zweck von § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO rechtfertigten eine Analogie.

BGH 18.12.2014, IX ZB 22/13
Der Sachverhalt:
Im Januar 2010 hatte der als Transportunternehmer tätige Schuldner einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen und auf Restschuldbefreiung gestellt. Im März 2010 eröffnete das AG das Insolvenzverfahren. Am gleichen Tag gab der Insolvenzverwalter die selbständige Tätigkeit des Schuldners frei.

Im August 2012 beantragte der Schuldner dann die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen aus der freigegebenen Tätigkeit und erneuerte seinen Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung.

Ende Oktober 2012 eröffnete das AG auch dieses Verfahren, verweigerte aber die Restschuldbefreiung. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners blieb vor dem LG erfolglos. Auch die Rechtsbeschwerde vor dem BGH hatte keinen Erfolg.

Gründe:
Der Antrag auf Restschuldbefreiung war in entsprechender Anwendung von § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig, nachdem der Verwalter in dem zunächst eröffneten Verfahren die selbständige Tätigkeit des Schuldners nach § 35 Abs. 2 InsO freigegeben hatte, der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch über das Vermögen aus dieser Tätigkeit beantragt hatte und über den Restschuldbefreiungsantrag im ersten Verfahren noch nicht entschieden worden war.

Die Regelung in § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist grundsätzlich analogiefähig. Die Rechtsprechung zum auslaufenden Recht hat der Gesetzgeber inzwischen teilweise übernommen. Mit dem Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013 hat er in § 287a Abs. 2 InsO n.F. den Versagungsgrund aus § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO in der vor dem 1.7.2014 geltenden Gesetzesfassung sowie früher erfolgte Versagungen nach § 290 Abs. 1 Nr. 5, 6 und 7 InsO oder nach § 296 InsO als Tatbestände ausgestaltet, die zur Unzulässigkeit eines erneuten Restschuldbefreiungsantrages führen.

Die Voraussetzungen einer Analogie lagen im Streitfall vor. Das Gesetz enthält für den Fall, dass bei noch laufendem erstem Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren aufgrund neuer Verbindlichkeiten in einem ausnahmsweise zulässigen zweiten Insolvenzverfahren ein zweiter Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt wird, eine Regelungslücke. § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO bestimmt, dass die Restschuldbefreiung zu versagen ist, wenn in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt oder nach § 296 InsO oder § 297 InsO versagt wurde. Wie über einen Zweitantrag zu entscheiden ist, wenn über den im ersten Insolvenzverfahren gestellten Antrag auf Restschuldbefreiung noch nicht entschieden ist, regelt die Norm nicht.

Die zu entscheidende Fallkonstellation war mit dem in § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO geregelten Tatbestand vergleichbar. Sowohl die Regelungssystematik der §§ 287 ff InsO als auch Sinn und Zweck von § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO rechtfertigten eine Analogie. Bereits die Systematik der §§ 287 ff InsO zeigt, dass der Gesetzgeber nicht davon ausgegangen ist, der Schuldner könne gleichzeitig zwei Restschuldbefreiungsverfahren durchlaufen. Die für einen zulässigen Restschuldbefreiungsantrag erforderliche Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO kann nicht wirksam für zwei verschiedene, zeitgleich stattfindende Verfahren abgegeben werden; die für das Zweitverfahren erklärte Abtretung würde wegen des noch anhängigen Erstverfahrens leer laufen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück