31.10.2012

Restschuldbefreiung: Zur Befugnis des absonderungsberechtigten Gläubigers auf Stellung eines Versagungsantrags

Ist über die Restschuldbefreiung im Hinblick auf das Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung bereits vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu entscheiden, kann ein absonderungsberechtigter Gläubiger, dessen Forderung für den Ausfall zur Tabelle festgestellt ist, einen Versagungsantrag stellen. Voraussetzung ist, dass er seinen Ausfall glaubhaft macht.

BGH 2.10.2012, XI ZB 12/12
Der Sachverhalt:
Im April 2003 wurde über das Vermögen des Schuldners, eines selbständig tätigen Architekten, das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zu 2) zum Insolvenzverwalter bestimmt. Im Prüfungstermin im Januar 2006 wurden hinsichtlich der weiteren Beteiligten zu 1) (im Folgenden: Gläubigerin) Forderungen aus Kreditverbindlichkeiten in die Insolvenztabelle aufgenommen und mit dem Vermerk versehen, dass sie vom Verwalter für den Ausfall in voller Höhe festgestellt, vom Schuldner allerdings bestritten sind.

Das AG - Insolvenzgericht - beraumte für April 2009 eine Gläubigerversammlung "zur Anhörung der Gläubiger zu dem Antrag des Schuldners auf Ankündigung der Restschuldbefreiung sowie auf Erteilung der Restschuldbefreiung nach Ablauf der sechsjährigen Abtretungserklärung" an. Zugleich wurde darauf hingewiesen, eine gesonderte Anhörung nach § 300 InsO erfolge nicht mehr. In diesem Termin beantragte die Gläubigerin, dem Schuldner gem. § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO die Restschuldbefreiung zu versagen.

AG und LG wiesen den Versagungsantrag als unzulässig zurück. Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin hob der BGH den Beschluss des LG auf und verwies die Sache zur Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Die Annahme, die Anberaumung eines vorgezogenen Anhörungstermins zur Stellung von Versagungsanträgen erscheine als verfahrensfehlerhaft, ist unzutreffend.

Gem. § 300 Abs. 1 InsO ist nach Ablauf von sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Antrag auf Restschuldbefreiung auch dann zu entscheiden, wenn das Insolvenzverfahren noch nicht abschlussreif ist. Da zu diesem Zeitpunkt noch kein Schlusstermin abgehalten werden kann, muss die Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners in einer Form durchgeführt werden, die dem Schlusstermin entspricht.

Dies kann in einer Gläubigerversammlung oder gem. § 5 Abs. 2 InsO im schriftlichen Verfahren erfolgen. Die Gläubiger können zwar hierbei nicht die Versagungsgründe des § 296 InsO geltend machen, weil der Schuldner die Obliegenheiten des § 295 InsO nur in der Wohlverhaltensphase zu beachten hat. Sie können sich aber auf die Versagungsgründe des § 290 InsO berufen. Diesen Anforderungen entspricht die vom Insolvenzgericht anberaumte und durchgeführte Gläubigerversammlung vom 16.4.2009.

Zu Unrecht wurde davon ausgegangen, die Gläubigerin sei nicht befugt, einen Versagungsantrag zu stellen. Versagungsanträge können nur diejenigen Gläubiger stellen, die Forderungen im Insolvenzverfahren angemeldet haben. Erst die Teilnahme am Insolvenzverfahren begründet die Antragsberechtigung. Für einen absonderungsberechtigten Gläubiger gilt grundsätzlich nichts anderes. Ein Absonderungsberechtigter, der seine persönliche Forderung nicht zumindest in Höhe des Ausfalls anmeldet, nimmt allerdings am Insolvenzverfahren nicht teil. Die Gläubigerin hat dagegen ihre Forderung angemeldet; der Insolvenzverwalter hat die Forderung für den Fall des Ausfalls zur Tabelle festgestellt.

Für die vorliegende Fallgestaltung ist kennzeichnend, dass das Insolvenzverfahren noch nicht abschlussreif ist und mithin ein Schlusstermin (§ 197 InsO) nicht anberaumt werden kann. Auch hier ist es dem absonderungsberechtigten Insolvenzgläubiger regelmäßig nicht möglich, den vollen Nachweis des Ausfalls zu führen. Es genügt daher auch hier, den Ausfall glaubhaft zu machen. Im gegenwärtigen Verfahrensabschnitt ist das Zwangsversteigerungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Die Gläubigerin hat im Beschwerdeverfahren vorgebracht, dass das bislang abgegebene Meistgebot deutlich unter der Summe der für sie in der Tabelle festgestellten Forderungen liegen wird. Diesem Vortrag muss nachgegangen werden.

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