Sammlermünzen besitzen keine Geldqualität i.S.v. § 935 Abs. 2 BGB
BGH 14.6.2013, V ZR 108/12Dem Kläger wurden in der Silvesternacht 2008/2009 neben Gold- und Silberbarren südafrikanische Goldmünzen ("Krügerrand"), deutsche Goldmünzen ("Weimar") mit dem Nominalwert von 100 € und österreichische Silbermünzen ("Wiener Philharmoniker") mit dem Nominalwert von 1,50 € gestohlen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erwarb der Beklagte von den Dieben die gestohlenen Gold- und Silberbarren sowie die Gold- und Silbermünzen, die er dann weiterveräußerte hat.
Der Kläger nahm den Beklagten im Rahmen einer Stufenklage auf Erteilung einer Auskunft darüber in Anspruch, welchen Betrag er für die Barren und Münzen erlöst hatte. Das LG verurteilte den Beklagten mit Teilurteil dazu, dem Kläger Auskunft über die Veräußerungserlöse aus dem Verkauf der Gold- und Silberbarren zu erteilen. Die weitergehende Klage wies es ab. Das OLG verurteilte den Beklagten hingegen auch zur Erteilung der Auskunft hinsichtlich der Münzen. Die Revision des Beklagten, mit der er sein Ziel der Klageabweisung bezüglich der Münzen weiterverfolgte, blieb vor dem BGH erfolglos.
Gründe:
Zu Recht ging das OLG davon aus, dass dem Kläger nach Genehmigung der Weiterveräußerung gegen den Beklagten ein Anspruch auf Auskunft des nach § 816 Abs. 1 BGB auszukehrenden Erlöses zustand. Der Beklagte verfügte über die Gold- und Silbermünzen als Nichtberechtigter, da er diese nicht gutgläubig erwerben konnte.
Aus § 935 Abs. 2 BGB folgt, dass Geld auch dann gutgläubig erworben werden kann, wenn es dem Eigentümer gestohlen wurde. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen Gold- und Silbermünzen als Geld i.S.d. § 935 Abs. 2 BGB anzusehen sind, ist umstritten. Der Senat entscheidet diese Frage allerdings dahingehend, dass allein die staatliche Anerkennung einer Münze als offizielles Zahlungsmittel noch nicht dazu führt, dass der Tatbestand des § 935 Abs. 2 BGB erfüllt ist. Darüber hinaus ist vielmehr erforderlich, dass diese zum Umlauf im öffentlichen Zahlungsverkehr bestimmt und geeignet ist. Unter den Begriff des Geldes fällt jedes von einem in- oder ausländischen Staat oder einer durch ihn ermächtigten Stelle als Wertträger beglaubigte, zum Umlauf im öffentlichen Verkehr bestimmte Zahlungsmittel ohne Rücksicht auf einen allgemeinen Annahmezwang. Diese Definition ist grundsätzlich auch im Rahmen des § 935 Abs. 2 BGB heranzuziehen. Allerdings ist die Norm unter Berücksichtigung ihres Sinns und Zwecks einschränkend auszulegen.
Zwar stellt die gesetzliche Anerkennung einer Münze als offizielles Zahlungsmittel einen Hoheitsakt dar, der - auch wenn er auf ausländischem Recht beruht - Gültigkeit beansprucht. Fehlen den in Rede stehenden Wertträgern allerdings nach der jeweils einschlägigen Rechtsordnung die Bestimmung und Eignung zum Umlauf im öffentlichen Rechtsverkehr, so ist trotz ihrer formalen Anerkennung als Zahlungsmittel die Geldqualität nicht gegeben. Dies ist etwa der Fall, wenn die Deklarierung als gesetzliches Zahlungsmittel deshalb erfolgt, um den Vertrieb der Münzen im Ausland umsatzsteuerlich zu begünstigen, und sie zudem keinen Nennwert ausweisen. Es fehlt dann sowohl an der Bestimmung als auch an der Eignung zum Umlauf im öffentlichen Zahlungsverkehr. Nichts anderes gilt, wenn eine Münze ausdrücklich als Sammlermünze herausgegeben wird.
Somit tritt bei Sammlermünzen die Zahlungsmittelfunktion völlig in den Hintergrund. Dem Bestandsschutzinteresse des Eigentümers gebührt daher der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an deren Verkehrsfähigkeit zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Zahlungsverkehrs. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass es bei einer derartigen einschränkenden Auslegung des § 935 Abs. 2 BGB zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten kommt. Infolgedessen war hier ein gutgläubiger Erwerb an den gestohlenen Münzen durch den Beklagten zu verneinen. Die südafrikanischen Krügerrand-Münzen sind zwar ein offizielles Zahlungsmittel in Südafrika. Darin besteht aber nicht ihr wesentlicher Zweck. Vielmehr spielte bei ihrer Zulassung die Erwägung eine Rolle, dass die Münzen wegen ihrer Deklarierung als gesetzliches Zahlungsmittel im Ausland keiner oder nur einer geringen umsatzsteuerlichen Belastung unterliegen würden und damit günstiger zu erwerben seien als entsprechende Goldbarren. Nichts anderes galt in Bezug auf die streitgegenständlichen Euro-Münzen.
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