15.02.2018

Schadensersatzansprüche bei Schmiergeldabrede und die Darlegungslast

Der Kläger, der Schadensersatzansprüche auf eine ohne sein Wissen von seinem Bevollmächtigten getroffene Schmiergeldabrede stützt, genügt seiner Darlegungslast, wenn er ausreichende Anhaltspunkte für den Abschluss einer derartigen Vereinbarung darlegt. Von ihm können im Rechtsstreit keine näheren Darlegungen hierzu mit der Begründung verlangt werden, er müsse sich die Kenntnis des Bevollmächtigten zurechnen lassen.

BGH 18.1.2018, I ZR 150/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin handelte mit Möbeln. Sie hatte über ihr Tochterunternehmen C-GmbH aus Asien importierte Möbel vertrieben. Die C-GmbH wurde zum 1.1.2000 auf die Klägerin verschmolzen. Über das Vermögen der Klägerin wurde im Februar 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet; sie befindet sich im Stadium der Liquidation. Im August 2010 gab der Insolvenzverwalter Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte wegen zu Unrecht gezahlter Frachtvergütungen frei. Die Beklagte betreibt eine Spedition. Die C-GmbH hatte sie in den Jahren 1994 bis 2000 mit dem Transport von Möbeln aus Asien nach Europa beauftragt. Hauptlieferant der C-GmbH für diese Möbel war der inzwischen verstorbene Dr. K. Teile der von der Klägerin an die Beklagte für Transporte gezahlten Vergütungen, insgesamt 1.886.200 €, überwies die Beklagte über ihre Niederlassung in Hongkong an Firmen, für die Dr. K. Vollmacht hatte.

Die Klägerin behauptete, sie habe Dr. K. bevollmächtigt, für sie und die C-GmbH Speditionsleistungen für Warenlieferungen aus Asien zu verhandeln und im laufenden Geschäft gegenüber der Beklagten zu betreuen. Dr. K. habe ohne ihr Wissen und ohne ihre Zustimmung mit der Beklagten eine Erhöhung der eigentlich geschuldeten Frachtvergütung (Nettofrachtrate) um einen bestimmten Aufschlag (Bruttofrachtrate) vereinbart. Nach Zahlung der Bruttofrachtraten durch die Klägerin an die Beklagte habe die Beklagte die an sich nicht geschuldeten Beträge an Dr. K. gezahlt. Diese Zahlungen hätten dem Zweck gedient, dass Dr. K. weiterhin für Frachtaufträge der Klägerin sorgte. Im Jahr 2002 sei bei einer bei der Beklagten intern durchgeführten Revision festgestellt worden, dass die Beklagte der Klägerin Frachtvergütungen i.H.v. 1.886.200 € zu Unrecht in Rechnung gestellt habe. Diesen Betrag müsse die Beklagte ihr erstatten.

LG und OLG wiesen die Klage wegen Verjährung ab. Auf die Revision der Klägerin hat der Senat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen (Urt. v. 8.5.2014, Az.: I ZR 217/12). Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat die Klägerin den Feststellungsantrag neu gefasst und beantragt festzustellen, dass die Beklagte ihr alle über den Umfang des Zahlungsantrags hinausgehenden Schäden zu ersetzen hat, die ihr aus der Bezahlung verdeckter Frachtaufschläge im Zeitraum Oktober 1992 bis November 2000 durch die Beklagte an den damaligen Mitarbeiter Dr. K. entstanden sind. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin erneut zurückgewiesen. Auf die Revision der Klägerin hat der BGH das Berufungsurteil erneut aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.

Gründe:
Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe kein Schadensersatzanspruch gem. § 826 BGB zu.

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin für ihre Behauptung, die Beklagte habe mit Dr. K. zu ihren Lasten Schmiergeldzahlungen vereinbart, darlegungs- und beweisbelastet ist. Es hat hat zudem ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Klägerin ihrer Darlegungslast genügt hatte. Der Kläger, der Schadensersatzansprüche auf eine ohne sein Wissen von seinem Bevollmächtigten getroffene Schmiergeldabrede stützt, genügt nämlich seiner Darlegungslast, wenn er ausreichende Anhaltspunkte für den Abschluss einer derartigen Vereinbarung darlegt. Von ihm können im Rechtsstreit keine näheren Darlegungen hierzu mit der Begründung verlangt werden, er müsse sich die Kenntnis des Bevollmächtigten zurechnen lassen.

Das Berufungsgericht hat zu Recht Beweis über die streitige Behauptung der Klägerin erhoben, es sei allein Dr. K. gewesen, der mit der Niederlassung der Beklagten in Hongkong die Frachtpreise ausgehandelt habe, wobei er ohne Wissen der Klägerin und der C-GmbH eine Erhöhung der eigentlich geschuldeten Frachtvergütung um einen bestimmten Aufschlag als Schmiergeld für sich vereinbart habe. Von der Beweiserhebung konnte auch nicht deshalb abgesehen werden, weil das Vorbringen der Beklagten der Klage ebenfalls zur Schlüssigkeit verhelfen würde. Denn ein von dem Sachvortrag des Klägers abweichendes Vorbringen des Beklagten, das der Klage ebenfalls zur Schlüssigkeit verhilft, kann zugunsten des Klägers nur verwertet werden, wenn er es sich hilfsweise zu eigen macht und seine Klage hierauf stützt. Der Kläger, der geltend macht, eine bestimmte Person habe als sein Beauftragter zu seinen Lasten überhöhte Vergütungen verabredet, macht sich das Vorbringen der Beklagtenseite, eine andere Person habe die beanstandeten Vereinbarungen getroffen, nicht zu eigen, wenn er deren Behauptung bestreitet.

Hat der Kläger hinreichende Anhaltspunkte für eine Schmiergeldabrede vorgetragen, trägt allerdings - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - der Beklagte die sekundäre Darlegungslast für seine Behauptung, eine solche Schmiergeldabrede habe nicht vorgelegen. Das Berufungsgericht durfte angesichts des von der Klägerin erhobenen Vorwurfs gegen Dr. K. ihr dessen Kenntnis nicht zurechnen mit der Folge, dass ihr in vollem Umfang die Darlegungslast für von ihm getroffene Vereinbarungen auferlegt wird. Zudem hielt die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ihre Behauptung nicht bewiesen, Dr. K. habe mit der Niederlassung der Beklagten in Hongkong die Frachtraten ausgehandelt und ohne Wissen der Klägerin und der C-GmbH die Erhöhung der eigentlich geschuldeten Frachtraten um einen bestimmten Aufschlag als Schmiergeld für sich vereinbart, den Angriffen der Revision nicht stand.

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