30.01.2019

Schrittweises Verbot von aromatisierten Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen gültig

Das unionsweite schrittweise Verbot von Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen, die Aromastoffe enthalten, ist gültig. Dieses Verbot verstößt weder gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit noch gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs.

EuGH v. 30.1.2019 - C-220/17
Der Sachverhalt:

Das klagende deutsche Unternehmen Planta Tabak, eine GmbH & Co. KG, stellt Tabakerzeugnisse her und vertreibt sie, insbesondere aromatisierten Tabak zum Selbstdrehen. Es begehrt vor dem VG Berlin die Feststellung, dass bestimmte deutsche Rechtsvorschriften (TabakerzG), die das Verbot von Aromen, die Schockfotos und das Verbot der Werbung für Aromen betreffen, auf seine Erzeugnisse nicht anwendbar sind. Mit diesen Vorschriften wird die Richtlinie 2014/40/EU über Tabakerzeugnisse umgesetzt, deren Gültigkeit die Klägerin bestreitet.

Da das VG Zweifel in Bezug auf die Gültigkeit und die Auslegung der einschlägigen Richtlinienbestimmungen hat, setzte es das Verfahren aus und legte dem EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens eine Reihe von Fragen vor.

Die Gründe:

Das Verbot des Inverkehrbringens, das seit Mai 2016 für Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen mit einem charakteristischen Aroma gilt, deren unionsweite Verkaufsmengen weniger als 3 % dieser Kategorien darstellen (in den übrigen Fällen ab Mai 2020), ist gültig. Das Verfahren, um festzustellen, ob ein bestimmtes Tabakerzeugnis die 3%-Grenze erreicht, ist im nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats zu regeln. Die Unterscheidung anhand der Verkaufsmengen ist objektiv gerechtfertigt und verstößt daher nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Der Unionsgesetzgeber war berechtigt, schrittweise vorzugehen, um den Verbrauchern von Erzeugnissen mit hohen Verkaufsmengen ausreichend Zeit zu geben, zu anderen Erzeugnissen zu wechseln.

Das Verbot des Inverkehrbringens von Tabakerzeugnissen, die Aromastoffe enthalten, geht auch nicht offensichtlich über das hinaus, was zur Gewährleistung eines hohen Schutzes der menschlichen Gesundheit, besonders für junge Menschen, erforderlich ist, und verstößt daher nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es ist unbestritten, dass bestimmte Aromen insbesondere für junge Menschen attraktiv sind und den Einstieg in den Tabakkonsum erleichtern. Außerdem stellt das fragliche Verbot zwar eine Beschränkung des freien Warenverkehrs dar, die jedoch durch die Abwägung seiner wirtschaftlichen Folgen gegen das Erfordernis, einen hohen Schutz der menschlichen Gesundheit zu gewährleisten, gerechtfertigt ist.

Hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht ist es den Mitgliedstaaten nicht gestattet, ergänzende Übergangsfristen neben den in der Richtlinie vorgesehenen Fristen festzulegen. Die Frist von zwei Jahren, über die die Mitgliedstaaten verfügten, um die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Bestimmungen zu erlassen und sicherzustellen, dass den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern ausreichend Zeit zur Anpassung an die Vorgaben der Richtlinie bleibt, reicht im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus.

Die Richtlinie gibt den Mitgliedstaaten auf, die Verwendung von auf Geschmack, Geruch, Aroma- oder sonstige Zusatzstoffe bezogenen Informationen auch dann zu verbieten, wenn es sich um nicht werbliche Informationen handelt und die Verwendung der betreffenden Inhaltsstoffe weiterhin erlaubt ist. Das Verbot, auf der Kennzeichnung der Packung und der Außenverpackung sowie dem Tabakerzeugnis selbst Marken anzubringen, die sich auf einen Aromastoff beziehen, kommt nicht einem Entzug des Eigentumsrechts gleich, sondern es schränkt dieses lediglich ein. Die Richtlinie lässt die Freiheit der Inhaber solcher Markennamen unberührt, sie in jeder anderen Weise zu nutzen, etwa beim Großhandelsverkauf. Im Übrigen ist dieses Verbot geeignet, die Anziehungskraft von Tabakerzeugnissen, die Aromastoffe enthalten, zu verringern, und entspricht den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen, indem es dazu beiträgt, einen hohen Schutz der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten.

Linkhinweis:

EuGH PM Nr. 7 vom 30.1.2019
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