Schuldspruch gegen ehemaligen thüringischen Innenminister wegen Abgeordnetenbestechung und Vorteilsannahme rechtskräftig
BGH 17.3.2015, 2 StR 281/14Der Angeklagte war von 1999 bis 2002 Innenminister von Thüringen. Im September 2009 wurde er zum ehrenamtlichen Beigeordneten und Stellvertreter des Oberbürgermeisters der Stadt Eisenach gewählt. Im Juli 2010 schloss er einen Beratervertrag mit einem Unternehmen, das sich mit der Projektentwicklung im Bereich erneuerbare Energien befasste. Darin verpflichtete er sich, die wirtschaftlichen Interessen des Vertragspartners gegen ein Entgelt von 700 € pro Arbeitstag zu vertreten. In einer mündlichen Zusatzvereinbarung ließ sich der Angeklagte diese Vorteile dabei nicht nur für private Tätigkeiten, sondern auch für eine sich damit überschneidende Dienstausübung versprechen.
Der Angeklagte informierte den Oberbürgermeister zwar allgemein darüber, dass er einen Beratervertrag abgeschlossen habe, teilte ihm aber weder die genauen Konditionen noch die konkreten Tätigkeiten mit. Der Oberbürgermeister erteilte dem Angeklagten den Auftrag, im Zeitraum Oktober bis Dezember 2010 Verhandlungen mit dem Thüringer Bau- und Umweltministerium zu führen, in denen es um eine Erweiterung der sog. Windvorranggebiete ging. Der Angeklagte führte diesen Auftrag aus und nahm Einfluss auf eine entsprechende Beschlussvorlage des Stadtrats der Stadt Eisenach. Diese und andere Tätigkeiten rechnete er gegenüber seinem Vertragspartner als Beratungstätigkeit ab.
In seiner Vertragsverlängerung bis Ende 2011 ließ sich der Angeklagte durch eine zumindest stillschweigend getroffene Zusatzvereinbarung auch für seine Dienstausübung Vorteile in Form eines Beratungshonorars versprechen. Zudem schloss er im März 2011 mit einem anderen Unternehmen einen vergütungspflichtigen Beratungsvertrag, der eine Unterstützung bei der Bauleitplanung hinsichtlich der geplanten Ansiedelung eines Elektrofachmarkts in Eisenach zum Gegenstand hatte. Von der vom Angeklagten geschuldeten "Beratungs"-Leistung war nach einer mündlichen Zusatzvereinbarung auch umfasst, dass der Angeklagte bei einer künftigen Abstimmung des Stadtrats für die Aufhebung eines früheren, dem Interesse seines Auftraggebers entgegenstehenden Beschlusses und für eine geänderte Planung stimmen sollte, was er später auch tat.
Dieses Verhalten wertete das LG als Abgeordnetenbestechung gem. § 108e Abs. 1 StGB in der bis zum 31.8.2014 geltenden Fassung. Die zuvor getätigten Zusatzvereinbarungen zu den beiden Beraterverträgen wertete das LG jeweils als strafbare Vorteilsannahme gem. § 331 Abs. 1 StGB. Es ging davon aus, dass eine Genehmigung der Vorteile durch den Oberbürgermeister nicht vorgelegen habe. Der Angeklagte wurde wegen Abgeordnetenbestechung sowie wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Gegen diese Verurteilung wandte sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten, der einen Freispruch von allen Vorwürfen erstrebte. Der BGH hob die für den zweiten Beratervertrag verhängte Einzelstrafe sowie die Gesamtstrafe wegen eines Wertungsfehlers auf und verwarf im Übrigen aber beide Revisionen als unbegründet.
Die Gründe:
Die Beurteilung des LG war rechtsfehlerfrei soweit davon ausgegangen wurde, dass der Angeklagte mit dem Energie-Unternehmen korruptive Unrechtsvereinbarungen abgeschlossen hatte. Denn die Entgegennahme der "Beraterhonorare" war weder durch allgemeine Regeln noch durch eine Genehmigung gedeckt, da der Angeklagte wesentliche Inhalte der von ihm geschlossenen Verträge gegenüber seinem Dienstherrn verschwiegen hatte.
Auch die Verurteilung wegen Abgeordnetenbestechung war korrekt. Denn nach den Feststellungen des LG gehörte zum unausgesprochenen Inhalt des vom Angeklagten geschlossenen Vertrages, dass er selbst bei der als erforderlich vorausgesetzten (neuen) Abstimmung im Stadtrat für die seinen Auftraggeber begünstigende Planänderung stimmen würde, was er später auch tat. Das Vorbringen des Angeklagten, dies sei von Anfang an und unabhängig von der Zuwendung seine Meinung gewesen, hatte das LG zu Recht als irrelevant angesehen.
Die darüber hinaus gehende, zu Lasten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft war als unbegründet zu verwerfen. Der Schuldspruch wegen Abgeordnetenbestechung und Vorteilsannahme in zwei Fällen ist damit rechtskräftig. Über die Strafzumessung hinsichtlich der aufgehobenen Einzelstrafe und der Gesamtstrafe muss eine andere Strafkammer des LG neu befinden.
Linkhinweise:
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