Schwarzwälder Schinken: Zulassungsfreie Rechtsbeschwerde bei Rüge einer Verletzung der Vorlagepflicht
BGH 3.4.2014, I ZB 6/12Seit 1997 ist die Bezeichnung "Schwarzwälder Schinken" auf Antrag des Antragstellers, des Schutzverbandes der Schwarzwälder Schinkenhersteller, mit der Verordnung (EG) Nr. 123/97 der EU-Kommission als geographische Angabe nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel für "Fleischerzeugnisse" eingetragen. Im April 2005 hatte die Antragstellerin beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Änderung der Spezifikation der geschützten Angabe "Schwarzwälder Schinken" verlangt. So sollte in die Spezifikation eine Regelung aufgenommen werden, wonach künftig das gewerbliche Aufschneiden (Slicen) und Verpacken zum Zwecke des Verkaufs als aufgeschnittenes Produkt ebenfalls im Schwarzwald zu erfolgen hat.
Gegen den Änderungsantrag wandte sich u.a. die Einsprechende. Diese bezieht im Schwarzwald hergestellten Schinken, führt die Verarbeitungsschritte Aufschneiden und Verpacken aber in einer Anlage in Norddeutschland durch und vertreibt das Produkt sodann unter der Bezeichnung "Schwarzwälder Schinken". Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts wies den Antrag auf Änderung der Spezifikation im Hinblick auf die Angaben zum Schneiden und Verpacken zurück. Auf die Beschwerde des Antragstellers hob das Bundespatentgericht die Entscheidung auf und gab dem Antrag statt. Auf die Rechtsbeschwerde der Einsprechenden hob der BGH die Entscheidung des Bundespatentgerichtes auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.
Die Gründe:
Zwar lag kein die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde begründender Verstoß nach § 83 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG vor. Denn es fehlte an den in § 83 Abs. 3 MarkenG geregelten weiteren Voraussetzungen für die Begründetheit einer zulassungsfreien Rechtsbeschwerde, soweit sie auf eine Verletzung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV gestützt war.
Eine Verletzung der Pflicht zur Vorlage an den EuGH gem. Art. 267 Abs. 3 AEUV kann jedoch gem. § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnen. Im vorliegenden Fall hat das Bundespatentgericht den Anspruch der Einsprechenden auf rechtliches Gehör verletzt, indem es ihr Vorbringen zur fehlenden Erforderlichkeit einer Kontrolle des Aufschneidens und Verpackens innerhalb des Erzeugungsgebietes unberücksichtigt gelassen hatte. Geht das Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage nicht ein, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war.
Die Einsprechende hatte vorgetragen, beim Schwarzwälder Schinken gebe es anders als in dem vom EuGH in dem Verfahren "Prosciutto di Parma" zu beurteilenden Sachverhalt keine produktspezifischen Besonderheiten, die es erforderlich machten, den Vorgang des Schneidens und Verpackens zum Schutz des Rufs des Produktes einer eingehenden Kontrolle zu unterwerfen. Insofern war es nicht ausgeschlossen, dass das Bundespatentgericht bei Berücksichtigung des von der Rechtsbeschwerde als übergangen gerügten Vorbringens zu der Erkenntnis gelangt wäre, dass die Erfordernisse des Aufschneidens und Verpackens im Schutzgebiet für die Gewährleistung des Ursprungs oder der Kontrolle nicht erforderlich, jedenfalls aber mit Blick auf die notwendige Abwägung mit dem betroffenen Schutzgut der Waren- und Dienstleistungsfreiheit nicht verhältnismäßig sind.
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