17.11.2023

SEPA-Diskriminierung auch ohne Absicht

Auch wenn umgangssprachlich von einer SEPA-Diskriminierung gesprochen wird, setzt ein Verstoß gegen diese Vorschrift in keiner Weise die Absicht einer Diskriminierung oder Ähnliches voraus. Ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung liegt daher bereits dann vor, wenn ein Zahlungsempfänger zwar grundsätzlich Zahlungen per Lastschrift akzeptiert, dem Inhaber eines Zahlungskontos innerhalb der EU aber vorgibt, in welchem Mitgliedsstaat dieses Zahlungskonto zu führen ist.

LG Hamburg v. 10.10.2023 - 406 HKO 88/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein in die Liste gem. § 8b UWG eingetragener qualifizierter Wirtschaftsverband. Die Beklagte ist ein Unternehmen, das Wohnungen und Gewerbeeinheiten verwaltet. Herr R. wollte der Beklagten eine Ermächtigung zur Abbuchung von Dauerlastschriften von seinem nicht in Deutschland, sondern in Litauen geführten Konto erteilen. Die Beklagte wies darauf hin, dass ihr System die IBAN mit der dazugehörigen BIC nicht annehme. Sie bat Herrn R., ihr eine andere (deutsche) Bankverbindung zu übermitteln.

Am 30.5.2022 mahnte der Kläger die Beklagte wegen dieses Sachverhaltes ab. Am 8.6.2022 informierte die Beklagte Herrn R., dass dessen litauische Bankverbindung zwischenzeitlich erfolgreich im System der Beklagten eingegeben worden sei und genutzt werden könne. Dass dies zunächst nicht erfolgt sei, beruhe auf einem internen Bearbeitungsfehler und nicht auf einer SEPA-Diskriminierung. Nachfolgend versuchte die Beklagte, eine Abbuchung von dem angegebenen Konto mittels Lastschrift vorzunehmen, was jedoch "mangels Deckung" erfolglos war.

Der Kläger machte geltend, der streitgegenständliche Sachverhalt stelle eine sog. SEPA- Diskriminierung und damit einen Wettbewerbsverstoß dar. Unternehmen, die ihren Kunden anbieten, per Lastschrift zu bezahlten, dürften den Lastschrifteinzug nicht auf Girokonten beschränken, die bei einem Kreditinstitut im Inland geführt werden. Die Beklagte verwies darauf, dass der Klammerzusatz "deutsche" ersichtlich nicht als zwingend zu verstehen gewesen sei, sondern allenfalls als Anregung habe dienen sollen. Außerdem gehe es hier lediglich um einen Einzelfall.

Das LG gab der Unterlassungsklage statt.

Die Gründe:
Der mit der Klage geltend gemacht Unterlassungsanspruch des Klägers ergab sich aus §§ 3, 3a, 8 UWG i.V.m. Art. 9 SEPA-Verordnung. Bei letzterer handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3 a UWG, sodass ein Verstoß gegen diese Vorschrift einen Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG begründet, ohne dass es insoweit auf ein Verschulden ankäme.

Auch wenn umgangssprachlich von einer SEPA-Diskriminierung gesprochen wird, setzt ein Verstoß gegen diese Vorschrift in keiner Weise die Absicht einer Diskriminierung oder Ähnliches voraus. Ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung liegt daher bereits dann vor, wenn ein Zahlungsempfänger zwar grundsätzlich Zahlungen per Lastschrift akzeptiert, dem Inhaber eines Zahlungskontos innerhalb der EU aber vorgibt, in welchem Mitgliedsstaat dieses Zahlungskonto zu führen ist. Die Beklagte gestattet ihren Kunden die Zahlung im Wege des Lastschriftverfahrens. Sie hatte jedoch ihrem Kunden Herrn R. vorgegeben, eine deutsche Bankverbindung zu übermitteln.

An dem damit erfolgte Verstoß gegen Art 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung änderte es nichts, dass die Beklagte das litauische Konto des Herrn R. nachträglich akzeptiert und eine Lastschrift von diesem vorzunehmen versucht hat, zumal dies erst nach der Abmahnung und geraume Zeit nach der Zurückweisung der Bankverbindung und des daraufhin erfolgten Hinweises des Herrn R. auf die darin liegende IBAN-Diskriminierung erfolgt ist. Somit kam es auch nicht darauf an, ob ein seinen Kunden das Lastschriftverfahren als solches anbietendes Unternehmen ausländische Bankverbindungen generell oder nur im Einzelfall ablehnt.

Eine Beschränkung der Regelung des Art. 9 Abs. 2 SEPA- Verordnung auf die generelle Ablehnung ausländischer Bankverbindungen für das Lastschriftverfahren lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Regelung entnehmen. Für das mit der SEPA-Verordnung bezweckte ordnungsgemäße Funktionieren des Zahlungsbinnenmarktes und des in diesem Zusammenhang als besonders wichtig angesehenen SEPA-Verfahrens ist es bereits abträglich, wenn Lastschriften von ausländischen Konto auch nur in Einzelfällen abgelehnt werden. Eine Einschränkung der Regelung des Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung auf Fälle genereller Zurückweisung von Auslandskonten ließ sich der Regelung nicht entnehmen.

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