28.01.2016

Smartphone-Apps können grundsätzlich Werktitelschutz genießen

Domainnamen von Internetangeboten sowie Apps für Mobilgeräte können grundsätzlich titelschutzfähige Werke i.S.v. § 5 Abs. 3 MarkenG sein. Die Grundsätze für den Bereich der Zeitungen und Zeitschriften können nicht auf den Bereich der Bezeichnung von Internetseiten und Smartphone-Apps übertragen werden.

BGH 28.1.2016, I ZR 202/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt unter dem Domainnamen "wetter.de" eine Internetseite, auf der sie ortsspezifisch aufbereitete Wetterdaten und weitere Informationen über das Thema Wetter zum Abruf bereithält. Seit 2009 bietet sie entsprechende Informationen auch über eine Applikation, eine sog. "App" für Mobilgeräte (Smartphones und Tablet-Computer) unter der Bezeichnung "wetter.de" an. Die Beklagte ist Inhaberin der Domainnamen "wetter.at" und "wetter-deutschland.com", unten denen sie im Internet ebenfalls Wetterdaten zur Verfügung stellt. Seit Ende 2011 betreibt sie zudem eine App mit entsprechenden Inhalten unter den Bezeichnungen "wetter DE", "wetter-de" und "wetter-DE".

Die Klägerin sah in der Benutzung der Bezeichnungen der Beklagten für deren Wetter-App eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte an dem Domainnamen "wetter.de" und der entsprechenden Bezeichnung der von ihr betriebenen App. Sie nahm infolgedessen die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Außerdem verlangte sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts eingelegte Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Zwar können Domainnamen von Internetangeboten sowie Apps für Mobilgeräte grundsätzlich titelschutzfähige Werke i.S.v. § 5 Abs. 3 MarkenG sein. Der Bezeichnung "wetter.de" kommt allerdings keine für einen Werktitelschutz nach § 5 Abs. 1 u. 3 MarkenG hinreichende originäre Unterscheidungskraft zu. Die Unterscheidungskraft fehlt einem Werktitel etwa, wenn sich dieser nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft. Dies war im vorliegenden Fall gegeben.

Das Berufungsgericht hatte rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Bezeichnung "wetter.de" für eine Internetseite und für Apps, auf denen Wetterinformationen zu Deutschland angeboten werden, glatt beschreibend ist. Zwar sind in bestimmten Fällen nur geringe Anforderungen an den erforderlichen Grad der Unterscheidungskraft zu stellen. Dies setzt voraus, dass der Verkehr seit langem daran gewöhnt ist, dass Werke mit beschreibenden Bezeichnungen gekennzeichnet werden und dass er deshalb auch auf feine Unterschiede in den Bezeichnungen achten wird. Ein derart abgesenkter Maßstab ist von der Rechtsprechung insbesondere für den Bereich der Zeitungen und Zeitschriften anerkannt, die seit jeher mit mehr oder weniger farblosen und nur inhaltlich oder räumlich konkretisierten Gattungsbezeichnungen gekennzeichnet werden. Diese Grundsätze können aber nicht auf den Bereich der Bezeichnung von Internetseiten und Smartphone-Apps übertragen werden.

Die Bezeichnung "wetter.de" genießt letztlich auch keinen Werktitelschutz unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsgeltung. Zwar kann eine fehlende originäre Unterscheidungskraft auch bei Werktiteln durch Verkehrsgeltung überwunden werden. Aber die Klägerin hatte nicht belegt, dass sich die Bezeichnung innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise als Werktitel durchgesetzt hat. Angesichts des glatt beschreibenden Charakters der Bezeichnung "wetter.de" kann die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50 % angesetzt werden. Doch ergaben sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Verkehrsgutachten keine Anhaltspunkte dafür, dass mehr als die Hälfte der angesprochenen Verkehrskreise in der Bezeichnung "wetter.de" einen Hinweis auf eine bestimmte Internetseite mit Wetterinformationen sehen.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 26 vom 28.1.2016
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