05.02.2016

Sonderprüfungsbericht kann erst nach Abschluss des Schwärzungsverfahrens beim Handelsregister eingereicht werden

Zur Einleitung eines Zwangsverfahrens gem. §§ 14 HGB, 388 ff. FamFG auf Antrag einer Gruppe von Aktionären gegen den aktienrechtlichen Sonderprüfer, mit dem Ziel, die diesem gem. § 145 Abs. 6 S. 3 AktG obliegende Pflicht zur Einreichung des - ggf. mit Blick auf ein Geheimhaltungsinteresse in Teilen geschwärzten - unterzeichneten Prüfungsberichts beim Handelsregister durchzusetzen, um den Bericht einsehen zu können.

OLG Düsseldorf 26.11.2015, I-3 Wx 134/14
Der Sachverhalt:
Der Beteiligte zu 4) war im August 2009 - aufgrund eines Minderheitenvotums einer Gruppe von Aktionären, zu denen auch die Beteiligten zu 1) bis 3) zählten - vom LG zum aktienrechtlichen Sonderprüfer der D-AG bestellt worden. Zu seinen Aufgaben gehörte es zu prüfen, inwieweit einzelnen Mitgliedern des Vorstandes und des Aufsichtsrates im Zusammenhang mit den Vorgängen, die zu der Schieflage der Gesellschaft während der Finanzmarktkrise geführt hatten, Pflichtverletzungen durch aktives Handeln oder Unterlassen zur Last zu legen waren.

Im September 2010 wandte sich der Beteiligte zu 4) an das AG - Registergericht - und wies darauf hin, dass der von ihm zu erstellende Bericht sämtliche Tatsachen enthalten müsse, deren Kenntnis die Hauptversammlung zur Beurteilung des Vorgangs benötige. Dies schließe auch solche Tatsachen mit ein, durch deren Bekanntwerden u.a. der D-AG ein nicht unerheblicher Nachteil entstehen könne. Der Vorstand der AG habe daher die gesetzliche Möglichkeit zur Einleitung des Schwärzungsverfahrens gem. § 145 Abs. 4 AktG zum Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Bank. Dieser Vorgehensweise stimmte das Registergericht zu.

Im Februar 2014 setzte der Beteiligte zu 4) das Registergericht davon in Kenntnis, dass er den Prüfungsauftrag vollständig ausgeführt und seinen Abschlussbericht beim Vorstand der D-AG eingereicht habe, dem er angesichts des Umfangs des Berichts von mehr als 1.000 Seiten eine Frist von sechs Wochen zur Prüfung der Frage eingeräumt habe, ob ein Schwärzungsverfahren anhängig gemacht werden solle oder nicht. Abweichend von der im September 2010 abgestimmten Verfahrensweise beabsichtige er zudem auch nicht, seinen Bericht dem Registergericht vorzulegen, bevor entweder der Vorstand nach Fristablauf auf die Durchführung eines Schwärzungsverfahrens verzichtet habe oder ein solches rechtskräftig abgeschlossen sei.

Das Registergericht nahm diese Abweichungen vom ursprünglich abgesprochenen Verfahren als vertretbar hin. Hiergegen wandten sich die Beteiligten zu 1) bis 3). Sie waren der Ansicht, das AktG schreibe eine Gleichzeitigkeit der Ablieferung des Sonderprüfungsberichts beim Vorstand der Gesellschaft und beim Handelsregister vor. Es liege nicht im Ermessen des Sonderprüfers, wann er den Bericht dem Registergericht vorlegt. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Nachdem sich das Verfahren nach Einlegung der Beschwerde in der Hauptsache erledigt hatte, war nur noch über die Kosten zu entscheiden. Das führte dazu, dass die Kosten des Verfahrens den Beteiligten zu 1) bis 3) aufzuerlegen waren.

Die Gründe:
Der Beschwerde wäre ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses der Erfolg versagt geblieben. Das AG hatte von der (weiteren) Durchführung des Zwangsverfahrens gegen den Beteiligten zu 4) zu Recht abgesehen. Dieser war berechtigt, seinen Sonderprüfungsbericht erst nach Abschluss des landgerichtlichen Schwärzungsverfahrens beim Handelsregister einzureichen.

Zwar legt der Gesetzeswortlaut in § 145 Abs. 6 S. 3 AktG aufgrund der Tatsache, dass dort der Vorstand und Handelsregister ohne Einschränkung nebeneinander genannt werden, nahe, in Bezug auf die Pflicht zur Einreichung des Sonderprüfungsberichts von einem Gleichzeitigkeitserfordernis auszugehen. Das ließe sich überdies auch damit begründen, dass angesichts der gebotenen Unabhängigkeit des Sonderprüfers eine Voraberörterung des Prüfungsergebnisses mit dem Vorstand grundsätzlich nicht statthaft ist, da der Vorstand keine Gelegenheit erhalten soll, das Prüfungsergebnis zu beeinflussen.

Allerdings lässt sich - jedenfalls in der hier vorliegenden Sachverhaltskonstellation der gerichtlichen Bestellung eines Sonderprüfers auf Antrag eine Aktionärsminderheit gem. 142 Abs. 2 AktG - mit dem Wortlaut von § 145 Abs. 6 S. 3 AktG ohne Weiteres auch eine Vorgehensweise vereinbaren, bei der der Abschlussbericht des Sonderprüfers nicht gleichzeitig beim Vorstand und zum Handelsregister eingereicht, sondern zunächst nur dem Vorstand zugeleitet wird, um diesem die Einleitung des Schwärzungsverfahrens zu ermöglichen. Denn § 145 Abs. 6 S. 3 AktG fordert lediglich, dass der Prüfbericht "unverzüglich" dem Vorstand der Gesellschaft und zum Handelsregister einzureichen ist.

Unverzüglich wird der Bericht eingereicht, wenn dies ohne schuldhaftes Zögern erfolgt. Wenn aber der Sonderprüfer in den Fällen der gerichtlichen Bestellung den Prüfungsbericht erst zum Handelsregister einreicht, nachdem der Vorstand ausreichend Zeit hatte, den Bericht auf geheimhaltungsbedürftige Informationen hin zu prüfen und ggf. einen Antrag auf Schwärzung zu stellen, liegt in der anschließend vorgenommenen Einreichung keine schuldhafte Verzögerung.

Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn es sich bei dem Verfahren gem. § 145 Abs. 4 AktG nicht um eine Inhaltskontrolle nach erfolgter Fertigstellung des Prüfungsberichts, sondern um ein vorbeugendes Rechtsschutzverfahren handeln würde, bei dem der Vorstand die Geheimschutzinteressen der Aktiengesellschaft geltend machen müsste, bevor die Sonderprüfung abgeschlossen ist. Denn dann wäre auch in den Fällen der gerichtlichen Bestellung des Sonderprüfers gemäß § 142 Abs. 2 AktG eine gleichzeitige Vorlage des (ggf. bereits geschwärzten) Sonderprüfungsberichts beim Vorstand der Gesellschaft und beim Handelsregister möglich.

Eine solche Auslegung des § 145 Abs. 4 AktG erscheint jedoch im Ergebnis nicht sinnvoll, da es ohne Kenntnis des Inhalts des Prüfungsberichts einerseits dem Vorstand in aller Regel nicht möglich sein wird, die nach seiner Ansicht dem Geheimhaltungsinteresse der AG unterfallenden Tatsachen zu bezeichnen, und andererseits auch das Gericht nicht wird beurteilen können, ob die Tatsachen, deren Aufnahme in den Prüfungsbericht der Vorstand verhindern möchte, nicht deshalb trotz bestehender Geheimschutzinteressen im Bericht verbleiben müssen, weil sie zur Darlegung der im Zusammenhang mit den vom Sonderprüfer geprüften Vorgängen etwaig festgestellten Unrichtigkeiten oder groben Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung der Aktiengesellschaft unerlässlich sind.

Eine spätere Schwärzung der bereits veröffentlichten Tatsachen ist nicht mehr dazu geeignet, den Geheimhaltungsinteressen der AG gerecht zu werden. Sinnvoll ist es daher im Ergebnis allein, dem Vorstand - wie vom AG entschieden - vor einer Veröffentlichung des Sonderprüfungsberichts Gelegenheit zur Intervention zu geben. Eine schuldhafte Verzögerung kann daher in dieser Vorgehensweise nicht erblickt werden.

OLG Düsseldorf
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