Steuerliche Beratungspflicht des Grundstücksmaklers?
BGH v. 12.7.2018 - I ZR 152/17Die Klägerin hatte Anfang 2004 zum Preis von 170.000 € ein Wohnanwesens mit acht vermieteten Wohnungen erworben. Mit schriftlichem Makleralleinauftrag aus Mai 2013 beauftragte sie die beklagte Immobilienmaklerin mit der Vermittlung des Anwesens. Die Beklagte teilte der Klägerin nach Aufnahme ihrer Vermittlungstätigkeit mit, es gebe zahlreiche Interessenten für das Anwesen und es empfehle sich, dieses bald zu veräußern, da andernfalls die Gefahr bestehe, dass Interessenten abspringen könnten. Die Klägerin schloss daraufhin mit der späteren Erwerberin des Anwesens, mit der sie seit Ende Mai 2013 in Verhandlungen gestanden hatte, im Juni 2013 eine von der Beklagten mitunterzeichnete privatschriftliche "Ankaufvereinbarung". Im Juli 2013 verkaufte sie das Anwesen dann zu einem Preis von 295.000 €.
Im März 2015 verlangte das Finanzamt von der Klägerin für das Jahr 2013 Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag i.H.v. insgesamt 47.856 € nachzuzahlen. Die Klägerin war der Ansicht, die Beklagte hätte sie vor Abschluss des Kaufvertrags darauf hinweisen müssen, dass ein innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb des Anwesens bei seiner Veräußerung erzielter Gewinn grundsätzlich einkommensteuerpflichtig sei.
LG und OLG wiesen die auf Ersatz der angefallenen Steuern gerichtete Klage ab. Und auch die Revision der Klägerin vor dem BGH blieb erfolglos.
Gründe:
Die Klägerin kann von der Beklagten keinen Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Pflicht aus dem Maklervertrag beanspruchen.
Einen Makler können zwar Aufklärungs- und Beratungspflichten treffen. Zur Prüfung und Beratung im Hinblick auf steuerliche Fragen ist er aber nur verpflichtet, wenn er sich als Fachmann in solchen Fragen geriert, wenn aufgrund besonderer Umstände ein Beratungsbedarf des Auftraggebers erkennbar ist oder wenn er den Auftraggeber zu einem riskanten Vorgehen oder einem unvorteilhaften oder überstürzten Vertragsabschluss verleitet.
Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte zwar mit allgemein gehaltenen Anpreisungen für sich geworben, aber keine besondere steuerliche Sachkunde in Anspruch genommen. Mangels besonderer Anhaltspunkte war sie somit nicht verpflichtet, anhand des Grundbuchs oder durch Nachfrage bei der Klägerin in Erfahrung zu bringen, wann diese das Anwesen erworben hatte und ob die sonstigen Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorgelegen haben. Der von ihr erteilte Hinweis, Interessenten könnten bei längerem Zuwarten abspringen, rechtfertigte nicht die Schlussfolgerung, sie habe die Klägerin zu einem riskanten oder überstürzten Vertragsschluss verleitet.
Eine Haftung der Beklagten wäre nur in Betracht gekommen, wenn sie aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls vermuten musste, der Klägerin drohe ein steuerlicher Schaden, weil sie sich der Gefahr des Entstehens einer besonderen Steuerpflicht gem. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht bewusst war. Solche besonderen Umstände lagen hier aber aus Sicht der Beklagten nicht vor; vielmehr wären sie von dieser - insbesondere durch eine entsprechende gezielte Befragung der Klägerin - erst noch zu ermitteln gewesen. Zu einer solchen Aufklärung des Sachverhalts war die Beklagte nach dem mit der Klägerin geschlossenen Maklervertrag allerdings nicht verpflichtet.
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