Stille Gesellschaftsbeteiligung an der Hamburg Commercial Bank AG
Schleswig-Holsteinisches OLG v. 3.5.2019 - 9 U 83/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist ein Versicherungsunternehmen. Sie beteiligte sich als stille Gesellschafterin im Jahre 2000 mit einer Einlage i.H.v. von 5 Mio. € an der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der damaligen Landesbank S-H. Der Beteiligungsvertrag enthält u.a. Regelungen zur Beteiligung der Klägerin am Gewinn und Verlust der Rechtsvorgängerin der Beklagten. In den Geschäftsjahren 2012 und 2014 führte die Beklagte insgesamt gut 1,6 Mrd. € einem "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" zu (§ 340 g HGB). Diese sog. Dotierungen wurden auf der Passivseite der jeweiligen Jahresbilanz ausgewiesen und in der entsprechenden Gewinn- und Verlustrechnung als Verlust vor der Berechnung des Jahresüberschusses/Jahresfehlbetrages verbucht. In der Folge ergaben sich für beide Geschäftsjahre Jahresfehlbeträge.
Die Beklagte beteiligte die Klägerin durch Herabsetzung des Buchwertes der stillen Einlage an diesen Verlusten. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Rückgängigmachung der Verlustteilnahme und die Wiederauffüllung ihrer stillen Einlage sowie die Vergütung der stillen Einlage für die Geschäftsjahre 2012 und 2014. Sie ist der Auffassung, dass die Beklagte durch die Dotierungen gegen die Regelungen im Beteiligungsvertrag verstoßen habe. Anstatt durch die Dotierungen Jahresfehlbeträge zu erzeugen, hätte die Beklagte vorrangig zunächst das Einlagenkonto der Klägerin wieder auffüllen bzw. eine Vergütung für die Einlage zahlen müssen.
Das LG wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückgängigmachung der Verlustteilnahme ihrer stillen Einlage für die Geschäftsjahre 2012 und 2014.
Die Beklagte war nach den Regelungen im Beteiligungsvertrag auch nicht verpflichtet, vorrangig das Einlagenkonto der Klägerin wieder aufzufüllen bzw. eine Vergütung für die Einlage der Klägerin zu zahlen. Der Beteiligungsvertrag sieht einen Vorrang gegenüber Dotierungen im "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" nicht vor. Zwar bestehen durchaus Vorrangregelungen für die Auffüllung der stillen Einlage bzw. für Zahlungen von Vergütungen. Diese Vorrangregelungen gelten aber nur gegenüber der Bildung von "Rücklagen". Bei der Zuführung von Geldbeträgen in den "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" handelt es sich nicht um eine derartige Rücklagenbildung. Die Auslegung des Beteiligungsvertrages ergibt, dass die Vertragsparteien unter dem Begriff "Rücklagen" nicht auch den "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" verstanden haben.
Dies folgt zum einen aus den bei Vertragsabschluss vorliegenden Umständen. Den Vertragsparteien war der durch die Dotierung von "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" gewährte Bilanzierungsspielraum bekannt und wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten auch praktiziert. Zum anderen spricht die systematische Gestaltung des Beteiligungsvertrages für diese Auslegung. Der Vertrag unterscheidet zwischen Regelungen zur Gewinnermittlung und Regelungen zur Gewinnverteilung. Die Dotierung im "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" ist bereits im Rahmen der Gewinnermittlung und nicht erst im Rahmen der Gewinnverteilung zu berücksichtigen. Die vertraglichen Vorrangregelungen kommen demgegenüber nicht schon im Rahmen der Gewinnermittlung zur Anwendung, sondern stellen vielmehr Gewinnverteilungsregelungen dar.
Schleswig-Holsteinisches OLG PM vom 3.5.2019
Die Klägerin ist ein Versicherungsunternehmen. Sie beteiligte sich als stille Gesellschafterin im Jahre 2000 mit einer Einlage i.H.v. von 5 Mio. € an der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der damaligen Landesbank S-H. Der Beteiligungsvertrag enthält u.a. Regelungen zur Beteiligung der Klägerin am Gewinn und Verlust der Rechtsvorgängerin der Beklagten. In den Geschäftsjahren 2012 und 2014 führte die Beklagte insgesamt gut 1,6 Mrd. € einem "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" zu (§ 340 g HGB). Diese sog. Dotierungen wurden auf der Passivseite der jeweiligen Jahresbilanz ausgewiesen und in der entsprechenden Gewinn- und Verlustrechnung als Verlust vor der Berechnung des Jahresüberschusses/Jahresfehlbetrages verbucht. In der Folge ergaben sich für beide Geschäftsjahre Jahresfehlbeträge.
Die Beklagte beteiligte die Klägerin durch Herabsetzung des Buchwertes der stillen Einlage an diesen Verlusten. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Rückgängigmachung der Verlustteilnahme und die Wiederauffüllung ihrer stillen Einlage sowie die Vergütung der stillen Einlage für die Geschäftsjahre 2012 und 2014. Sie ist der Auffassung, dass die Beklagte durch die Dotierungen gegen die Regelungen im Beteiligungsvertrag verstoßen habe. Anstatt durch die Dotierungen Jahresfehlbeträge zu erzeugen, hätte die Beklagte vorrangig zunächst das Einlagenkonto der Klägerin wieder auffüllen bzw. eine Vergütung für die Einlage zahlen müssen.
Das LG wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückgängigmachung der Verlustteilnahme ihrer stillen Einlage für die Geschäftsjahre 2012 und 2014.
Die Beklagte war nach den Regelungen im Beteiligungsvertrag auch nicht verpflichtet, vorrangig das Einlagenkonto der Klägerin wieder aufzufüllen bzw. eine Vergütung für die Einlage der Klägerin zu zahlen. Der Beteiligungsvertrag sieht einen Vorrang gegenüber Dotierungen im "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" nicht vor. Zwar bestehen durchaus Vorrangregelungen für die Auffüllung der stillen Einlage bzw. für Zahlungen von Vergütungen. Diese Vorrangregelungen gelten aber nur gegenüber der Bildung von "Rücklagen". Bei der Zuführung von Geldbeträgen in den "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" handelt es sich nicht um eine derartige Rücklagenbildung. Die Auslegung des Beteiligungsvertrages ergibt, dass die Vertragsparteien unter dem Begriff "Rücklagen" nicht auch den "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" verstanden haben.
Dies folgt zum einen aus den bei Vertragsabschluss vorliegenden Umständen. Den Vertragsparteien war der durch die Dotierung von "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" gewährte Bilanzierungsspielraum bekannt und wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten auch praktiziert. Zum anderen spricht die systematische Gestaltung des Beteiligungsvertrages für diese Auslegung. Der Vertrag unterscheidet zwischen Regelungen zur Gewinnermittlung und Regelungen zur Gewinnverteilung. Die Dotierung im "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" ist bereits im Rahmen der Gewinnermittlung und nicht erst im Rahmen der Gewinnverteilung zu berücksichtigen. Die vertraglichen Vorrangregelungen kommen demgegenüber nicht schon im Rahmen der Gewinnermittlung zur Anwendung, sondern stellen vielmehr Gewinnverteilungsregelungen dar.