Streit um die Gestaltung von Cookie-Banner
OLG Köln v. 19.1.2024 - 6 U 80/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband. Er hat die Beklagte, die ein werbefinanziertes Internetportal für E-daten und -nachrichten betreibt, auf Unterlassung der Verwendung ihrer Cookie-Banner auf ihrer Webseite sowie der Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch genommen Da nach Auffassung des Klägers die aufgrund der streitgegenständlichen Banner von Besuchern der Internetseite der Beklagten abgegebenen Einwilligungserklärungen in die Speicherung von Cookies nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 25 Abs. 1 TTDSG genügten, hatte er die Beklagte mit Schreiben vom 29.11.2021 und 6.1.2022 abgemahnt. Die Beklagte gab keine Unterlassungserklärung ab. Mittlerweile hat sie jedoch die Gestaltung ihrer Cookie-Banner geändert.
Das LG hat die Beklagte zur Zahlung von Abmahnkosten i.H.v. 260 € nebst Zinsen verurteilt, die Klage aber im Übrigen abgewiesen. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zwar dem Grunde nach zu. Der Antrag sei aber zu weit gefasst und enthalte durch die Formulierung "ohne im Cookie-Banner eine der Einwilligungserklärung in Form, Funktion und Farbgebung gleichwertige, gleichrangige und gleich einfach zu bedienende Ablehnungsoption bereitzustellen" ausdrücklich eine Verpflichtung zu einer bestimmten Form der Bannergestaltung. Letzteres ergebe sich aber weder aus den Vorschriften der DSGVO noch aus den Erwägungsgründen. Vielmehr seien unterschiedliche Gestaltungen denkbar, die den Anforderungen an eine freiwillige Einwilligung genügten.
Der Kläger hat seinen Antrag im Berufungsverfahren geändert und war daraufhin mit seiner Berufung vor dem OLG erfolgreich.
Die Gründe:
Die vom Kläger vorgenommene Antragsänderung war gem. § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. Da jedenfalls in der hier gegebenen Konstellation der qualitativen Klageänderung § 264 ZPO als Spezialregelung anzusehen war, die § 269 ZPO in ihrem Anwendungsbereich verdrängte, war eine Zustimmung der Beklagten zu dem geänderten Antrag nicht erforderlich.
Der geänderte Antrag war zudem in der Sache erfolgreich. Durch eine Gestaltung der Cookie-Banner wie in der vom Kläger in Bezug genommenen konkreten Verletzungsform wird dem Verbraucher weder auf der ersten noch auf der zweiten Ebene eine gleichwertige, mithin auf klaren und umfassenden Informationen beruhende, Ablehnungsoption angeboten, weshalb er zur Abgabe der Einwilligung hingelenkt und von der Ablehnung der Cookies abgehalten wird, so dass die erteilte Einwilligung nicht als freiwillig und hinreichend aufgeklärt i.S.v. § 25 Abs. 1 TTDSG, Art. 4 Nr. 11 DSGVO angesehen werden kann.
Die erste Ebene enthält überhaupt keine Ablehnungsoption für den Verbraucher. Vielmehr kann dieser durch den Button "Einstellungen" lediglich auf die zweite Ebene gelangen. Hier hat der Verbraucher dann die Auswahl zwischen dem Button "Alles Akzeptieren" und dem Button "Speichern". Dadurch erschließt sich dem Durchschnittsnutzer aber bereits nicht, welche Funktion sich konkret hinter dem jeweiligen Button verbirgt bzw. mit welchem Button er nunmehr tatsächlich die Ablehnung der Cookies erreichen kann. Die Beklagte hat in erster Instanz selbst wiederholt ausgeführt, dass für den Verbraucher eine echte Wahlmöglichkeit gegeben sein müsse. Dies war indes bei der hier aufgezeigten Gestaltung der Cookie-Banner gerade nicht der Fall.
Die Gestaltung der Cookie-Banner mit dem verlinkten Button "Akzeptieren & Schließen X" in der rechten oberen Ecke verstößt gegen die Grundsätze von Transparenz und Freiwilligkeit der Einwilligung und führt zu deren Unwirksamkeit. Das "X"-Symbol ist Nutzern bekannt als Möglichkeit, um ein Fenster zu schließen, nicht aber, um in die Verwendung von Cookies und anderen Technologien durch den Websitebetreiber einzuwilligen. Dass hiermit eine Einwilligung erklärt wird, wird dem durchschnittlichen Nutzer nicht bewusst sein.
Zwar steht unmittelbar neben dem "X"-Symbol "Akzeptieren & Schließen". Die Verknüpfung dieser beiden Funktionen ist aber irreführend und intransparent für die Nutzer. Auch wird für die Nutzer nicht ohne weiteres erkennbar, dass es sich bei "Akzeptieren & Schließen" und dem "X"-Symbol um ein und denselben Button handelt. Vor diesem Hintergrund kann die Einwilligung mithilfe des "X"-Symbols weder als unmissverständlich oder eindeutig bestätigend, noch als freiwillig im Sinne von § 25 Abs. 1 TTDSG, Art 4 Nr. 11 DSGVO bewertet werden.
Mehr zum Thema:
Beratermodul IT-Recht:
Die perfekte Online-Ausstattung für das IT-Recht: Stets auf dem aktuellsten Stand mit den Inhalten aller Ausgaben von Computer und Recht und IT-Rechtsberater sowie den Updates von Redeker, Handbuch der IT-Verträge. Hier das informative Rezensions- und Anwendungsvideo von RA Michael Rohrlich und Marc Oliver Thoma ansehen! Bearbeiten Sie zahlreiche bewährte Formulare mit LAWLIFT! 4 Wochen gratis nutzen!
Beratermodul Datenschutzrecht:
Die perfekte Online-Ausstattung für das Datenschutzrecht (DSGVO/BDSG). Jetzt mit Top-Inhalten zum Datenschutzrecht aus dem C.F. Müller Verlag. Hier das informative Rezensions- und Anwendungsvideo von RA Michael Rohrlich und Marc Oliver Thoma ansehen! Bearbeiten Sie zahlreiche bewährte Formulare mit LAWLIFT! 4 Wochen gratis nutzen!
Justiz NRW
Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband. Er hat die Beklagte, die ein werbefinanziertes Internetportal für E-daten und -nachrichten betreibt, auf Unterlassung der Verwendung ihrer Cookie-Banner auf ihrer Webseite sowie der Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch genommen Da nach Auffassung des Klägers die aufgrund der streitgegenständlichen Banner von Besuchern der Internetseite der Beklagten abgegebenen Einwilligungserklärungen in die Speicherung von Cookies nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 25 Abs. 1 TTDSG genügten, hatte er die Beklagte mit Schreiben vom 29.11.2021 und 6.1.2022 abgemahnt. Die Beklagte gab keine Unterlassungserklärung ab. Mittlerweile hat sie jedoch die Gestaltung ihrer Cookie-Banner geändert.
Das LG hat die Beklagte zur Zahlung von Abmahnkosten i.H.v. 260 € nebst Zinsen verurteilt, die Klage aber im Übrigen abgewiesen. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zwar dem Grunde nach zu. Der Antrag sei aber zu weit gefasst und enthalte durch die Formulierung "ohne im Cookie-Banner eine der Einwilligungserklärung in Form, Funktion und Farbgebung gleichwertige, gleichrangige und gleich einfach zu bedienende Ablehnungsoption bereitzustellen" ausdrücklich eine Verpflichtung zu einer bestimmten Form der Bannergestaltung. Letzteres ergebe sich aber weder aus den Vorschriften der DSGVO noch aus den Erwägungsgründen. Vielmehr seien unterschiedliche Gestaltungen denkbar, die den Anforderungen an eine freiwillige Einwilligung genügten.
Der Kläger hat seinen Antrag im Berufungsverfahren geändert und war daraufhin mit seiner Berufung vor dem OLG erfolgreich.
Die Gründe:
Die vom Kläger vorgenommene Antragsänderung war gem. § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. Da jedenfalls in der hier gegebenen Konstellation der qualitativen Klageänderung § 264 ZPO als Spezialregelung anzusehen war, die § 269 ZPO in ihrem Anwendungsbereich verdrängte, war eine Zustimmung der Beklagten zu dem geänderten Antrag nicht erforderlich.
Der geänderte Antrag war zudem in der Sache erfolgreich. Durch eine Gestaltung der Cookie-Banner wie in der vom Kläger in Bezug genommenen konkreten Verletzungsform wird dem Verbraucher weder auf der ersten noch auf der zweiten Ebene eine gleichwertige, mithin auf klaren und umfassenden Informationen beruhende, Ablehnungsoption angeboten, weshalb er zur Abgabe der Einwilligung hingelenkt und von der Ablehnung der Cookies abgehalten wird, so dass die erteilte Einwilligung nicht als freiwillig und hinreichend aufgeklärt i.S.v. § 25 Abs. 1 TTDSG, Art. 4 Nr. 11 DSGVO angesehen werden kann.
Die erste Ebene enthält überhaupt keine Ablehnungsoption für den Verbraucher. Vielmehr kann dieser durch den Button "Einstellungen" lediglich auf die zweite Ebene gelangen. Hier hat der Verbraucher dann die Auswahl zwischen dem Button "Alles Akzeptieren" und dem Button "Speichern". Dadurch erschließt sich dem Durchschnittsnutzer aber bereits nicht, welche Funktion sich konkret hinter dem jeweiligen Button verbirgt bzw. mit welchem Button er nunmehr tatsächlich die Ablehnung der Cookies erreichen kann. Die Beklagte hat in erster Instanz selbst wiederholt ausgeführt, dass für den Verbraucher eine echte Wahlmöglichkeit gegeben sein müsse. Dies war indes bei der hier aufgezeigten Gestaltung der Cookie-Banner gerade nicht der Fall.
Die Gestaltung der Cookie-Banner mit dem verlinkten Button "Akzeptieren & Schließen X" in der rechten oberen Ecke verstößt gegen die Grundsätze von Transparenz und Freiwilligkeit der Einwilligung und führt zu deren Unwirksamkeit. Das "X"-Symbol ist Nutzern bekannt als Möglichkeit, um ein Fenster zu schließen, nicht aber, um in die Verwendung von Cookies und anderen Technologien durch den Websitebetreiber einzuwilligen. Dass hiermit eine Einwilligung erklärt wird, wird dem durchschnittlichen Nutzer nicht bewusst sein.
Zwar steht unmittelbar neben dem "X"-Symbol "Akzeptieren & Schließen". Die Verknüpfung dieser beiden Funktionen ist aber irreführend und intransparent für die Nutzer. Auch wird für die Nutzer nicht ohne weiteres erkennbar, dass es sich bei "Akzeptieren & Schließen" und dem "X"-Symbol um ein und denselben Button handelt. Vor diesem Hintergrund kann die Einwilligung mithilfe des "X"-Symbols weder als unmissverständlich oder eindeutig bestätigend, noch als freiwillig im Sinne von § 25 Abs. 1 TTDSG, Art 4 Nr. 11 DSGVO bewertet werden.
Beratermodul IT-Recht:
Die perfekte Online-Ausstattung für das IT-Recht: Stets auf dem aktuellsten Stand mit den Inhalten aller Ausgaben von Computer und Recht und IT-Rechtsberater sowie den Updates von Redeker, Handbuch der IT-Verträge. Hier das informative Rezensions- und Anwendungsvideo von RA Michael Rohrlich und Marc Oliver Thoma ansehen! Bearbeiten Sie zahlreiche bewährte Formulare mit LAWLIFT! 4 Wochen gratis nutzen!
Beratermodul Datenschutzrecht:
Die perfekte Online-Ausstattung für das Datenschutzrecht (DSGVO/BDSG). Jetzt mit Top-Inhalten zum Datenschutzrecht aus dem C.F. Müller Verlag. Hier das informative Rezensions- und Anwendungsvideo von RA Michael Rohrlich und Marc Oliver Thoma ansehen! Bearbeiten Sie zahlreiche bewährte Formulare mit LAWLIFT! 4 Wochen gratis nutzen!