Tarifwechsel reicht aus: Versicherungsmaklervertrag setzt kein Hinwirken auf Abschluss eines neuen Versicherungsvertrags voraus
BGH 28.6.2018, I ZR 77/17Die Klägerin recherchiert für ihre Kunden Einsparmöglichkeiten bei der privaten Krankenversicherung. Dazu lässt sie sich beauftragen, bei der Krankenversicherung des jeweiligen Kunden Informationen über den bestehenden Tarif und über alternative Tarife einzuholen. Der Beklagte beauftragte die Klägerin am 26.4.2013 schriftlich, Einsparmöglichkeiten bei seiner privaten Krankenversicherung zu recherchieren. In der als Dienstleistungsvereinbarung bezeichneten Vereinbarung der Parteien war geregelt, dass der Kunde der Klägerin eine Vergütung i.H.d. neunfachen Betrags seiner monatlichen Einsparung zzgl. MwSt. zu zahlen hatte, wenn er in einen von ihr recherchierten günstigeren Tarif in seiner privaten Krankenversicherung wechselte.
Die Klägerin schlug dem Beklagten einen günstigeren Tarif vor, bei dem sich eine monatliche Ersparnis i.H.v. 138,85 € gegenüber seinem bisherigen Tarif ergab. Der Beklagte wechselte am 19.5.2014 in den günstigeren Tarif. Den ihm daraufhin von der Klägerin in Rechnung gestellt Betrag i.H.v. 1.487,08 brutto bezahlte er jedoch nicht. Der Beklagte widerrief mit Schreiben vom 10.6.2014 seine in der Dienstleistungsvereinbarung abgegebene Erklärung.
Die Klägerin nahm den Beklagten auf Zahlung des Betrags in Anspruch. Das LG wies die Klage ab. Die dagegen gerichtete Berufung hatte Erfolg. Die Revision des Beklagten mit der weiterhin die Klageabweisung verfolgte, hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die von den Parteien am 26.4.2013 geschlossene Vereinbarung stellt einen Versicherungsmaklervertrag i.S.v. § 59 Abs. 3 VVG dar. Die auf den Abschluss eines solchen geänderten Vertrags abzielende Tätigkeit stellt eine Versicherungsvermittlung dar. Denn eine solche liegt vor, wenn der Vermittler - wie hier - konkrete Versicherungsprodukte empfiehlt und sein Verhalten darauf gerichtet ist, dass der Verbraucher seinen bestimmten Versicherungsvertrag abschließt.
Im Streitfall hat die Klägerin dem Beklagten ein konkretes Versicherungsprodukt empfohlen und dazu eine telefonische Beratung angeboten. Die Tätigkeit war nicht darauf gerichtet, Möglichkeiten zum Abschluss lediglich namhaft zu machen oder Kontakte zu potentiellen Versicherern herzustellen. Es besteht zudem ein Kausalzusammenhang zwischen der von der Klägerin erbrachten Marktleistung und dem Abschluss des günstigeren Tarifs durch den Beklagten bei seinem Krankenversicherer.
Dass bei einem Tarifwechsel gem. § 204 VVG im Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer kein neuer Versicherungsvertrag geschlossen wird, sondern der bisherige Vertrag unter Wechsel des Tarifs fortgesetzt wird, steht der Annahme eines Versicherungsmaklervertrags ebenso nicht entgegen. Die Vorschrift des § 204 VVG dient dem Schutz des Versicherungsnehmers. Es hat jedoch keine Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Versicherungsvermittler und Versicherungsnehmer. Der Vermittler hat in beiden Fällen auf den Abschluss eines adäquaten Versicherungsschutzes hinzuwirken. Der Einordnung als Versicherungsmaklervertrag steht zudem nicht entgegen, dass die hier getroffene Vereinbarung keine laufende weitere Betreuung des Beklagten durch die Klägerin umfasst. Ein solcher Vertrag kann dies zwar beinhalten, setzt dies aber nicht voraus. Die Hauptleistung besteht in der Vermittlung und dem Abschluss.
Darüber hinaus ist die Vereinbarung auch nicht wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz nach § 134 BGB i.V.m. § 3 RDG nichtig. Die bei der Vermittlung eines Versicherungsvertrags erbrachte Dienstleistung in rechtlicher Hinsicht stellt eine zulässige Annextätigkeit dar, die zum Berufsbild des Maklers gehört. Der im Wege des Fernabsatzes geschlossene Vertrag über die Vermittlung von Versicherungen konnte auch nicht widerrufen werden, denn nach § 312 Abs. 3 Nr. 3 BGB aF fanden die Vorschriften über Fernabsatzverträge keine Anwendung auf diese Art von Verträgen.
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