17.06.2014

Teil-Berufsausübungsgemeinschaften zwischen Ärzten und Radiologen sind zulässig

Die Bestimmung des § 18 Abs. 1 S. 3 Fall 1 der Berufsordnung für Ärzte der Landesärztekammer Baden-Württemberg, wonach eine Umgehung des § 31 der Berufsordnung und damit kein gem. § 18 der Berufsordnung zulässiger Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung des Arztberufs insbesondere dann vorliegt, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Teil-Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt, ist nichtig. Die Regelung stellt nicht nur einen Eingriff in die Vertragsfreiheit der betroffenen Ärzte dar, sondern verletzt auch deren durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit.

BGH 15.5.2014, I ZR 137/12
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist eine Partnerschaftsgesellschaft, der 30 Ärzte angehören, darunter vier Radiologen. Die Partner haben sich außerhalb ihrer bisherigen Praxis zusätzlich zur gemeinsamen standortübergreifenden Erbringung privatärztlicher Leistungen verbunden. Sie erbringen die Leistungen nach den jeweiligen Normen der privatärztlichen Abrechnungen, sind alle dem jeweiligen Fachgebiet und Beruf vorbehaltenen privatmedizinischen Leistungsmöglichkeiten gemeinsamer Leistungsinhalt und werden diese Leistungen im Namen der Gesellschaft abgerechnet.

Im Partnerschaftsvertrag wurde außerdem geregelt, dass ein Prozent des von der Partnerschaft erzielten Gewinns vorab nach Köpfen und der Rest nach dem persönlich erbrachten Anteil an den gemeinschaftlichen Leistungen verteilt wird. Dabei stellt die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Laboratoriumsmedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, keinen solchen Leistungsanteil dar.

Klägerin in dem Verfahren war die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie hielt die Beteiligung der Radiologen an der Beklagten für unzulässig, da sie der Umgehung des § 31 der Berufsordnung für Ärzte der Landesärztekammer Baden-Württemberg diene, wonach Ärzte für die Zuweisung von Patienten weder Vorteile gewähren noch sich versprechen lassen dürfen.

Das LG wies die von der Klägerin deswegen erhobene Klage ab. Das OLG gab ihr weitestgehend statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als es zum Nachteil der Beklagten erkannt worden war und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Die Beklagte wandte sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die in § 18 Abs. 1 S. 3 Fall 1 der Berufsordnung enthaltene Regelung sei durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt und daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die vom Berufungsgericht insoweit vorgenommene Beurteilung war mit der in Art. 12 Abs. 1 GG grundrechtlich verbürgten Berufsausübungsfreiheit unvereinbar.

Die Berufsordnung fingiert eine Umgehung des § 31 mit der Folge eines Verbots einer Teil-Berufsausübungsgemeinschaft auch in Fällen, in denen eine unerlaubte Zuweisung nach den erkennbaren Umständen nicht vorliegt. Die in § 18 Abs. 1 S. 3 Fall 1 der Berufsordnung enthaltene Regelung stellt nicht nur einen Eingriff in die Vertragsfreiheit der betroffenen Ärzte dar, sondern verletzt auch deren durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit. Sie greift in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit ein. Sie schließt eine Beteiligung von Ärzten, die medizinisch-technische Leistungen erbringen, an Teil-Berufsausübungsgemeinschaften mit anderen Ärzten aus. Zur Berufsausübung gehört allerdings auch das Recht, sich beruflich zusammenzuschließen.

Die beklagte Partnerschaftsgesellschaft, in der sich Radiologen mit anderen Ärzten zusammengeschlossen hatten, konnte sich gem. Art. 19 Abs. 3 GG auf den Schutz dieses Grundrechts ebenfalls berufen, weil Art. 12 Abs. 1 GG seinem Wesen nach auf juristische Personen des Privatrechts und diesen gleichstehende Personengesellschaften des Privatrechts anwendbar ist. Im vorliegenden Fall war die Beklagte auch selbst durch die Beschränkung der Ärzte, die sich in ihr zusammenschließen können, in ihrem Recht auf freie Berufsausübung beeinträchtigt.

Die in § 18 Abs. 1 S. 3 Fall 1 der Berufsordnung enthaltene Regelung verstößt auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil das dort statuierte abstrakte Verbot zwar geeignet ist, dem Zweck zu dienen, die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen von merkantilen Erwägungen zu gewährleisten, insoweit aber weder ein erforderliches noch ein angemessenes Mittel darstellt, um diesen Zweck zu erreichen. Dabei war zu berücksichtigen, dass bereits die in § 18 Abs. 1 S. 2, S. 3 Fall 2 und S. 4 der Berufsordnung enthaltenen Regelungen dazu bestimmt und geeignet sind, dem genannten Zweck zu dienen.

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