29.11.2011

Treugeber kann im Innenverhältnis bereits die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters besitzen

Bei Publikumsgesellschaften kommt es häufig vor, dass die mittelbare Beteiligung erst noch zu werbender Anleger und damit eine Verzahnung von Gesellschaft und Treuhand im Gesellschaftsvertrag von vornherein vorgesehen und im Hinblick darauf bestimmte Rechte und Pflichten der Anleger schon im Gesellschaftsvertrag geregelt sind. In solchen Fällen hat der Treugeber im Innenverhältnis allerdings bereits die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters.

BGH 11.10.2011, II ZR 242/09
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist ein geschlossener Immobilienfonds in Form einer OHG. Sie hatte zwischen 1995 und 1996 Wohnimmobilien im geförderten frei finanzierten Wohnungsbau errichtet. Die gesamte Wohnanlage wurde einheitlich durch die Klägerin und 14 weitere Schwesterfonds erbaut. Die Beklagte war der Klägerin im Dezember 1994 mit einer Beteiligungssumme von 204.300 DM über eine Treuhänderin beigetreten.

Die Klägerin, die sich neben dem Beteiligungskapital über Fremdkapital in Form von Bank- und Baudarlehen sowie staatlichen Fördermitteln finanziert hatte, geriet wegen Vermietungsschwierigkeiten in finanzielle Schieflage. Nachdem sich durch eine Erhöhung der Nachfrage auf dem Immobilienmarkt die Möglichkeit ergeben hatte, das Fondsgrundstück im Rahmen eines Paketverkaufs sämtlicher Grundstücke der 15 Schwestergesellschaften zu verkaufen, wurde auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Klägerin im Januar 2007 die Veräußerung mehrheitlich beschlossen.

Die Liquidationseröffnungsbilanz ergab einen Fehlbetrag i.H.v. 4,3 Mio. €. Der ihrer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung entsprechende Anteil der Beklagten am Liquidationsverlust betrug 61.946 €. Nach Abzug von zuvor bereits geleisteten Nachschüssen in Höhe von 8.095 € ergibt sich die Klageforderung i.H.v. 53.850 €, zu deren Zahlung die Klägerin sowohl die Beklagte als auch die Treuhänderin vergeblich aufgefordert hatte. Die Treuhänderin trat der Klägerin im Juni 2007 ihre Ansprüche gegen die Beklagte ab.

Das LG gab der Klage aus abgetretenem Recht der Treuhänderin in vollem Umfang statt; das OLG wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die Beklagte haftet gegenüber der Klägerin wie eine unmittelbare Gesellschafterin.

Ist - wie bei Publikumsgesellschaften häufig - die mittelbare Beteiligung erst noch zu werbender Anleger und damit eine Verzahnung von Gesellschaft und Treuhand im Gesellschaftsvertrag von vornherein vorgesehen und sind im Hinblick darauf bestimmte Rechte und Pflichten der Anleger schon im Gesellschaftsvertrag geregelt, hat der Treugeber im Innenverhältnis die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters. Die Beklagte erhielt die Ausschüttungen un-mittelbar; sie, nicht etwa die Treuhänderin, wurde persönlich zu den Gesellschafterversammlungen geladen und erhielt die Informationen über die in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse unmittelbar. Auch im Übrigen erfolgte die einschlägige Korrespondenz zwischen der Klägerin und der Beklagten unmittelbar, ohne Information oder gar Zwischenschaltung der Treuhänderin.

Ebenso fehlerhaft hat das Berufungsgericht die von seinem Rechtsstandpunkt aus entscheidungserhebliche Abtretung des Freistellungsanspruchs der Treuhänderin an die Klägerin für unwirksam gehalten. Hierbei hatte es bereits den Inhalt der Abtretungsvereinbarung zwischen der Treuhänderin und den Gläubigerbanken nur selektiv zur Kenntnis genommen. Außerdem hatte es gegen den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung verstoßen, den Zweck des Vertrages nicht berücksichtigt und vor allem verkannt, dass einer Auslegung, die die Nichtigkeit der Parteivereinbarung vermeidet, der Vorzug zu geben ist.

Schließlich hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, die Treuhänderin wäre durch § 242 BGB daran gehindert, den Freistellungsanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen, solange diese eine Inanspruchnahme durch die darlehensgebenden Banken und andere Gläubiger befürchten müsse. Damit verkannte es grundlegend das System der Innen- und Außenhaftung in der Liquidation einer Personen(handels-)gesellschaft. Den mittelbaren Gesellschaftern bleibt - wie den unmittelbaren - die Möglichkeit, sich gegenüber ihrer Inanspruchnahme im Innenverhältnis damit zu verteidigen, dass der von den Liquidatoren eingeforderte Betrag für die Zwecke der Abwicklung der Gesellschaft nicht benötigt wird. Gegenüber ihrer Inanspruchnahme im Außenverhältnis stehen ihnen die Einwendungen gem. § 129 HGB zu.

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