08.11.2016

Unaufgeforderte E-Mail-Werbung durch auf ein gemeinnütziges Projekt hinweisende SMS

Auch eine SMS-Mitteilung, durch die auf ein gemeinnütziges Projekt hingewiesen wird, stellt Werbung dar, wenn aus ihr das werbende Unternehmen und dessen Geschäftsgegenstand hinreichend erkennbar wird. Die Versendung einer solchen SMS ohne vorherige Zustimmung des Empfängers ist daher als unlautere belästigende Werbung einzustufen.

OLG Frankfurt a.M. 6.10.2016, 6 U 54/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche wegen belästigender Werbung geltend. Die Beklagte betreibt ein Autohaus für die Marke X. Am 23.3.2015 rief eine Mitarbeiterin des Callcenters der Beklagten, die Zeugin Z1, den Zeugen Z2 auf seinem Mobiltelefon an. Der Inhalt des Telefonats ist zwischen den Parteien streitig. Eine Einwilligung des Zeugen Z2 in den Erhalt von Werbeanrufen lag nicht vor.

Am 22.8.2015 versandte die Beklagte drei SMS an den Zeugen Z2, die einen Link auf eine Internetseite enthielten. In den Nachrichten forderte die Beklagte zur Teilnahme an einem Online-Voting des X-Konzerns für ein gemeinnütziges Projekt der Beklagten auf. Weder in den SMS noch auf der verlinkten Internetseite wurde darauf hingewiesen, dass der Kunde einer Verwendung seiner Mobilfunknummer für diese Zwecke widersprechen könne, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Die Klägerin behauptet, bei dem Anruf vom 23.3.2015 sei dem Zeugen Z2 angeboten worden, die anstehende Hauptuntersuchung an seinem Fahrzeug in der Werkstatt des Beklagten vornehmen zu lassen. Die Beklagte behauptet demgegenüber, bei dem Anruf sei es um eine sicherheitsrelevante Rückrufaktion für das Fahrzeug der Frau des Zeugen gegangen.

Das LG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung und Zahluzng von Abmahnkosten. Die Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung unerbetener Telefonwerbung zu sowie auf Unterlassung, Kunden mit Werbe-SMS der angegriffenen Art zu kontaktieren.

Eine Call-Center-Mitarbeiterin der Beklagten hat am 23.3.2015 den Zeugen Z2 angerufen und für den TÜV-Service der Beklagten geworben. Nach § 7 II Nr. 2 UWG sind Werbeanrufe nur mit vorheriger ausdrücklicher Einwilligung zulässig.Eine solche Einwilligung lag nicht vor. Der Tatbestand der unzumutbaren Belästigung ist damit erfüllt. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, die gem. § 529 I Nr. 1 ZPO Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen des LG begründen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war nicht davon auszugehen, dass es bei dem Telefonanruf in Wahrheit um eine Rückrufaktion in Bezug auf sicherheitsrelevante Teile ging.

Hinsichtlich der Werbe-SMS ist das LG zur Recht davon ausgegangen, dass es sich dabei sowohl um eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 I Nr. 1 UWG als auch um "Werbung" i.S.d. § 7 II Nr. 3 UWG handelt. Werbung ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Gewerbes mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Damit ist auch die mittelbare Absatzförderung - etwa durch Imagewerbung oder Sponsoring - erfasst. Die von der Klägerin angegriffenen SMS an den Zeugen Z2 fordern zu einem Voting für ein von der Beklagten initiiertes soziales Projekt auf. Die Beklagte verfolgte damit nicht allein gemeinnützige Zwecke, sondern zielte mittelbar auf eine positive Außendarstellung und die Absatzförderung ihrer Produkte ab. Durch die drei SMS sollte die Aufmerksamkeit auf das Unternehmern der Beklagten und dieses in ein positives Licht gerückt werden. Die SMS stehen damit auch in einem objektiven Zusammenhang mit der Absatzförderung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG).

Soweit in der Literatur vertreten wird, § 7 Abs. 2 UWG sei richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass nur ein Ansprechen mit Ziel gemeint sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, schließt sich der Senat dieser Auffassung nicht an. Allein die Teilnahme an dem Voting dürfte noch keine geschäftliche Entscheidung darstellen. Allerdings versteht der BGH den Begriff der Werbung mit dem Aspekt der "mittelbaren Absatzförderung" ersichtlich weiter. Bei § 7 UWG steht der belästigende Charakter im Vordergrund, der nicht davon abhängt, wie weit die Werbung noch von einer geschäftlichen Entscheidung des Kunden entfernt ist. An den Inhalt der Werbung dürfen deshalb keine überzogenen Anforderungen gestellt werden.

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