12.06.2015

Universaldienstrichtlinie verpflichtet nicht zu Sozialtarifen für Mobilkommunikation und mobile Internetabos

Die Universaldienstrichtlinie verpflichtet nicht zu Sozialtarifen für Mobilkommunikation und mobile Internetabonnements. Hingegen müssen für festnetzgestützte Telefonie- und Internetabonnements Sozialtarife für bestimmte Gruppen von Verbrauchern angeboten werden.

EuGH 11.6.2015, C-1/14
Hintergrund:
Die Universaldienstrichtlinie (Richtlinie 2002/22/EG) legt das Mindestangebot an Diensten fest, das allen Endnutzern zugänglich sein muss. Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die benannten Unternehmen den Verbrauchern besondere Tarifoptionen oder Tarifbündel anbieten, insbesondere um sicherzustellen, dass einkommensschwache Personen oder Personen mit besonderen sozialen Bedürfnissen Zugang zu den betreffenden Diensten haben. Die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen können von den Mitgliedstaaten unter den Betreibern von elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten aufgeteilt werden.

Der Sachverhalt:
Im Jahr 2013 erhoben Base Company und Mobistar, zwei Betreiber, die in Belgien elektronische Kommunikationsdienste erbringen, vor dem belgischen Verfassungsgerichtshof Klage auf Nichtigerklärung des Finanzierungsmechanismus, der im belgischen Gesetz zur Umsetzung der Universaldienstrichtlinie vorgesehen ist.

Dieser Mechanismus erlegt Betreibern, deren Umsatz bestimmte Schwellenwerte erreicht oder übersteigt, zur Finanzierung der Nettokosten in Verbindung mit der Bereitstellung besonderer Tarifkonditionen für bestimmte Gruppen von Begünstigten die Zahlung eines Beitrags auf. Nach Ansicht von Base Company und Mobistar verstößt die Verpflichtung, einen Beitrag zur Finanzierung der Nettokosten zu leisten, die sich aus der Bereitstellung von mobilen Kommunikationsdiensten und/oder Internetabonnements ergeben, gegen das Unionsrecht.

Der Verfassungsgerichtshof setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vor. Er möchte wissen, ob die Sondertarife und der Finanzierungsmechanismus, die in der Universaldienstrichtlinie vorgesehen sind, auf mobile Kommunikationsdienste und/oder Internetabonnements anwendbar sind.

Die Gründe:
Die Mitgliedstaaten werden durch die Universaldienstrichtlinie ausdrücklich verpflichtet, den Anschluss an ein öffentliches Kommunikationsnetz an einem festen Standort sicherzustellen. Allerdings ist die Wortfolge "an einem festen Standort" das Gegenteil von "mobil".

Mobile Kommunikationsdienste sind insoweit definitionsgemäß von dem in der Richtlinie festgelegten Mindestangebot an Universaldiensten ausgeschlossen, denn deren Erbringung setzt keinen Zugang zu und keinen Anschluss an ein öffentliches Kommunikationsnetz an einem festen Standort voraus. Auch Internetabonnements, die mittels mobiler Kommunikationsdienste erbracht werden, fallen nicht unter dieses Mindestangebot. Hingegen sind Internetabonnements in diesem Mindestangebot enthalten, wenn ihre Erbringung einen Internetanschluss an einem festen Standort voraussetzt.

Es steht den Mitgliedstaaten allerdings frei, mobile Kommunikationsdienste einschließlich Internetabonnements, die mittels mobiler Kommunikationsdienste erbracht werden, als zusätzliche Pflichtdienste im Sinne der Universaldienstrichtlinie anzusehen. In diesem Fall kann jedoch kein Mechanismus mit Beteiligung bestimmter Unternehmen zur Finanzierung dieser Dienste vorgeschrieben werden.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 67 vom 11.6.2015
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