14.06.2024

Unzulässige Berichterstattung über Kardinal Woelki

Dem Kölner Kardinal Woelki steht gegen den Axel Springer Verlag ein Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu. Dies betrifft die im Rahmen der Berichterstattung aufgestellte Tatsachenbehauptung, der Kardinal habe die Inhalte eines in den Akten des Erzbistums befindlichen Polizeiberichts sowie die protokollierte Aussage eines jungen Mannes bei der in der Berichterstattung kritisierten Beförderungsentscheidung positiv gekannt.

OLG Köln v. 13.6.2024 - 15 U 70/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist der Kardinal der römisch-katholischen Kirche und Erzbischof von Köln, Rainer Maria Woelki. Die Parteien streiten im Nachgang zu einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die Beklagte zu 1) (Axel Springer Verlag) und den Beklagten zu 2) um Unterlassungsansprüche sowie Ansprüche auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten wegen einer Presseberichterstattung auf einem von der Beklagten zu 1) betriebenen Onlineportal. Im Kern geht es um einen vom Beklagten zu 2) verfassten Artikel, der sich mit einer Beförderungsentscheidung des Kardinals und dabei mit dessen positiver Kenntnis von zwei im Beitrag eingeblendeten Unterlagen befasst, und zwar in der Ausgangsversion sowie einer späteren, überarbeiteten Fassung.

Das LG gab der gegen Passagen in beiden Versionen des Artikels gerichteten Klage ganz überwiegend statt. Die Berufungen der Beklagten hatten vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen. Gegen die Entscheidung ist die Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH statthaft.

Die Gründe:
Das LG hat zu Recht angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagten ein Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zusteht. Dies gilt jedenfalls soweit, als es die in der Ausgangsfassung aufgestellte Tatsachenbehauptung betrifft, der Kläger habe die Inhalte eines in den Akten des Erzbistums befindlichen Polizeiberichts sowie die protokollierte Aussage eines jungen Mannes bei der in der Berichterstattung kritisierten Beförderungsentscheidung positiv gekannt.

Ob die angegriffenen Passagen zwingend nur als konkrete (definitive) Tatsachenbehauptung zur positiven Kenntnis des Klägers von den streitgegenständlichen Unterlagen im Zeitpunkt der Besetzungsentscheidung zu verstehen sind, kann im Ergebnis offenbleiben. Jedenfalls ist von einer Mehrdeutigkeit auszugehen. Es geht um die konkrete tatsächliche Behauptung einer positiven Kenntnis von den Inhalten der im Beitrag eingeblendeten Unterlagen und nicht "nur" um eine Verdachtsberichterstattung betreffend einen als offen dargestellten Vorwurf der nur möglichen Kenntnis. Der Presse ist es zumutbar, in einem solchen Fall ausreichend klar und deutlich zu formulieren - dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Die so verstandene Tatsachenbehauptung greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein, weil sie dessen Fehlverhalten konkret an der Kenntnis der Inhalte zweier belastender Unterlagen festmacht. Dieser Eingriff ist bei der gebotenen Abwägung der widerstreitenden Interessen rechtswidrig; die schutzwürdigen Persönlichkeitsinteressen des Klägers überwiegen das Berichterstattungsinteresse der Beklagten. Das LG hat bei der Abwägung zutreffend auf den fehlenden Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Behauptungen zur Kenntnis abgestellt. Zu Recht ist es davon ausgegangen, dass die Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für die ehrenrührige Tatsache einer positiven Kenntnis (zumindest) des Inhalts der beiden Unterlagen vor der Personalentscheidung trifft und ihnen die entsprechende Beweisführung nicht gelungen ist.

Soweit sich das LG nach Beweisaufnahme nicht davon überzeugen konnte, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Beförderungsentscheidung die beiden Dokumente bzw. deren Inhalt positiv kannte, ist dieses Beweisergebnis der vorliegenden Entscheidung zugrunde zu legen. Die Beweiswürdigung des LG ist nicht zu beanstanden, insbesondere ist es zutreffend davon ausgegangen, dass die Angaben der beiden vernommenen Zeugen für die - inhaltlich eng beschränkte - Beweisfrage des Verfahrens nicht ergiebig waren. Auch die Würdigung des LG betreffend die Angaben des Klägers aus seiner eidlichen Parteivernehmung ist nicht zu beanstanden. Eine Wiederholung der Parteivernehmung war nicht veranlasst. Selbst wenn man Bedenken gegen die Richtigkeit einzelner - hier nicht relevanter - weiterer Angaben des Klägers entwickeln könnte, würde dies zu keiner anderen Beurteilung führen. Selbst der (unterstellte) Nachweis eines Meineids des Klägers in diesen Punkten ließe nicht zugleich den hinreichend sicheren Schluss darauf zu, dass zwangsläufig auch seine Angaben zu einer fehlenden positiven Kenntnis von den streitgegenständlichen Unterlagen bzw. ihren Inhalten im maßgeblichen Zeitpunkt falsch waren.

Auch eine - mit Blick auf die gegen den Kläger laufenden strafrechtlichen Ermittlungen - denkbare Aussetzung des Verfahrens war nicht veranlasst. Im Ausgangspunkt ist es originäre Aufgabe der Zivilgerichte, den Vortrag der Parteien und die erhobenen Beweise zu würdigen; für die hier entscheidende und eng beschränkte Beweisfrage war zudem kein greifbarer zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten. Aus den letztlich gleichen Gründen besteht auch ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten mit Blick auf die tenorierten Passagen der angepassten Berichterstattung.

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OLG Köln PM vom 13.6.2024
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