19.06.2023

Unzulässige elektronische Werbung durch Angabe der Internetpräsenz in Abwesenheitsnotiz?

Der bloße Verweis auf die Internetpräsenzen eines Unternehmens im Anschluss an Kontaktdaten des Mitarbeiters, ohne dass diese mit einem Produkt oder anderen werbenden Angaben verknüpft sind, stellt keine Werbung dar. Auch eine mittelbare Absatzförderung durch Imagewerbung liegt in einem solchen Fall nicht vor.

AG Augsburg v. 9.6.2023 - 12 C 11/23
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist einer der in Deutschland führenden Anbieter digitaler juristischer Informationssysteme und stellt ihren Kunden eine Internetdatenbank für die juristische Recherche zur Verfügung. Am 13.7.2022 hatte sich der Kläger über das allgemeine Kontaktportal an die Beklagte gewandt. Dabei gab er als Grund seiner Anfrage das Thema "Produktberatung & Angebotsanfrage" an. Der Kläger bekundete darin unter Angabe seiner Kontaktdaten sein Interesse an den Produkten der Beklagten. Es folgten mehrere Telefongespräche zwischen dem Kläger und einem Mitarbeiter der Beklagten.

Auf seine letzte E-Mail am 12.12.2022 erhielt der Kläger vom Mitarbeiter der Beklagten eine automatische Abwesenheitsnotiz per E-Mail. Darin wies der Mitarbeiter auf die Präsenzen der Beklagten bei Facebook, Twitter und YouTube hin. Daraufhin mahnte der Kläger die Beklagte umgehend per E-Mail ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf mit dem Hinweis, dass es sich bei der in der E-Mail der Beklagten vom 12.12.2022 genannten Präsenzen um unzulässige elektronische Werbung handele. Die Beklagte lehnte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mit E-Mail vom 23.12.2022 ab.

Das AG wies die Unterlassungsklage ab.

Die Gründe:
Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aufgrund eines rechtswidrigen Eingriffs in das allgemeinen Persönlichkeitsrecht gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK oder wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S.2 BGB zu.

Die Verwendung von unaufgeforderter elektronischer Post für die Zwecke der Werbung kann zwar grundsätzlich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers darstellen. Es handelte sich jedoch bei dem vorliegend seitens des Klägers monierten Verweis auf Internetpräsenzen der Beklagten durch die bloße Angabe der URL mit E-Mail vom 12.12.2022 bereits nicht um Werbung.

Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung - z.B. in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring - erfasst. Werbung ist deshalb jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.

Der bloße Verweis auf die Internetpräsenzen eines Unternehmens im Anschluss an Kontaktdaten des Mitarbeiters, ohne dass diese mit einem Produkt oder anderen werbenden Angaben verknüpft sind, stellt allerdings keine Werbung dar. Dieser Verweis ist gerade nicht unmittelbar darauf gerichtet, die Förderung des Absatzes der Produkte oder Dienstleistungen zu erreichen. Er dient vielmehr Informationszwecken, ebenso wie die Angabe der weiteren Kontaktdaten, in deren Zusammenhang die Nennung der Internetpräsenzen als Teil der Signatur des Mitarbeiters zu sehen ist. Auch eine mittelbare Absatzförderung durch Imagewerbung liegt in einem solchen Fall nicht vor.

Ein Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seiner Privatsphäre bzw. der Schutz der geschäftlichen Sphäre, insbesondere die Ungestörtheit der Betriebsabläufe, die schutzwürdigen Belange der Beklagten, mit ihren Kunden zum Zwecke der Produktberatung zu kommunizieren, überwiegt. Der Kläger konnte es ohne jeden zeitlichen Aufwand unterlassen, die weiteren Internetpräsenzen der Beklagten anzuklicken. Ein Aussortieren eines werbenden Teils der E-Mail war hierfür gerade nicht erforderlich. Die schutzwürdigen Belange des Klägers überwiegten vorliegend somit gerade nicht.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht
Martin Boden / Jan-Tilman Uhe / Alicja Wilczek, IPRB 2022, 102

Rechtsprechung:
Kein ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz wegen Übernahme wettbewerblicher Eigenschaften von Produkten des täglichen Bedarfs bei unterschiedlicher Produktbezeichnung ("Vienetta")
BGH vom 19.10.2000 - I ZR 225/98
Gustav-Adolf Ulrich, EWiR 2001, 333

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