20.04.2016

Unzulässige Werbung für Arzneimittel durch Angaben zu therapeutisch nicht zweifelsfrei nachgewiesener Wirkung

Die Werbung für Arzneimittel ist unzulässig, wenn und soweit der Inhalt der Werbeaussage nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. Hat ein Präparat die Hürde der Zulassung durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte genommen, kann jedoch grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die sich auf das zugelassene Anwendungsgebiet beziehenden Wirkungsangaben dem gesicherten Stand der Wissenschaft zum Zeitpunkt der Zulassung entsprechen.

OLG Koblenz 27.1.2016, 9 U 895/15
Der Sachverhalt:
Der Hersteller eines homöopathischen Arzneimittels, das vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als Präparat gegen "Entzündungen des Hals-Nasen-Rachenraumes und der Nasennebenhöhlen" zugelassen worden war, bewarb das Produkt im November 2014 in einer Zeitschrift u.a. damit, dass es "schnell und effektiv" sowohl bei akutem Schnupfen als auch bei chronischer Sinusitis hilft und "abschwellend, entzündungshemmend und regenerierend auf die Nasenschleimhaut" wirkt. Festsitzender Schleim werde gelöst und Begleitbeschwerden wie Zerschlagenheit und Kopfdruck würden gelindert.

Ein anderes homöopathisches Arzneimittel, das als Präparat gegen "nervös bedingte Störungen wie Schlafstörungen und Unruhezustände" zugelassen worden war, war vom Hersteller in der Zeitschrift u.a. mit dem Hinweis beworben worden, das Präparat fördere "Gelassenheit und Ruhe"; es helfe überdies, den alltäglichen Herausforderungen wieder gestärkt entgegen zu treten, fördere die Selbstheilungskräfte, stelle das körperliche und seelische Gleichgewicht wieder her und biete eine effektive Unterstützung bei Unruhe , Nervosität und/oder Schlafstörungen.

Das LG wies die auf Unterlassung dieser Werbeangaben gerichtete Klage ab. Das Gericht war der Ansicht, das Pharmaunternehmen werbe für die Arzneimittel nicht mit einer Wirkung, die außerhalb der zugelassenen Anwendungsgebiete liege. Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG das Urteil jedoch teilweise ab und untersagte die Werbung  für beide Produkte mit den vom Kläger beanstandeten Angaben weitgehend.

Die Gründe:
Die Werbung ist teils irreführend. Die behauptete therapeutische Wirkung der Präparate ist vom zugelassenen Anwendungsgebiet nicht umfasst und auch nicht durch eine wissenschaftliche Abhandlung zweifelsfrei nachgewiesen.

Der Hinweis in der Werbung, das Präparat gegen Entzündungen des Hals-Nasen-Rachenraumes und der Nasennebenhöhlen helfe "schnell und effektiv" bei akutem Schnupfen sowie chronischer Sinusitis und wirke "regenerierend auf die Nasenschleimhaut" ist irreführend und damit unzulässig, da aus der Zulassung des Medikamentes durch das Bundesamt für Arzneimittel eine schnelle Wirkung des Präparats nicht hergeleitet werden konnte. Außerdem ist eine "regenerierende Wirkung des Produkts auf die Nasenschleimhaut" vom Anwendungsgebiet der Zulassung nicht umfasst. Solche Wirkungsweisen konnte der Arzneimittelhersteller auch nicht durch Vorlage einer wissenschaftlichen Abhandlung zweifelsfrei belegen.

Hat ein Präparat die Hürde der Zulassung durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte genommen, kann jedoch grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die sich auf das zugelassene Anwendungsgebiet beziehenden Wirkungsangaben dem gesicherten Stand der Wissenschaft zum Zeitpunkt der Zulassung entsprechen, sodass vom Hersteller hiermit auch geworben werden kann. Deshalb war es auch nicht zu beanstanden, dass das Pharmaunternehmen für das Präparat gegen Sinusitis damit geworben hatte, es helfe bei akutem Schnupfen, wirke abschwellend und lindere Begleiterscheinungen wie Zerschlagenheit und Kopfdruck.

Für das homöopathische Arzneimittel, das als Medikament gegen "nervöse Störungen wie Schlafstörungen und Unruhe sowie Verstimmungszustände" zugelassen ist, darf hingegen nicht mit den Angaben geworben werden, das Präparat fördere Gelassenheit, es helfe, den alltäglichen Herausforderungen wieder gestärkt entgegenzutreten, es fördere die Selbstheilungskräfte und stelle das körperliche und seelische Gleichgewicht wieder her. Denn auch diese Werbeaussagen sind weder vom zugelassenen Anwendungsgebiet des Medikaments umfasst, noch hat der Arzneimittelhersteller eine entsprechende Wirksamkeit des Arzneimittels anderweitig zweifelsfrei belegen können.

OLG Koblenz PM vom 20.4.2016
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