21.07.2015

Urheberrecht: YouTube muss nach Kenntnis von Rechtsverletzung Vorsorge hinsichtlich weiterer Schutzrechtsverletzungen treffen

Die Betreiber von Internetangeboten wie YouTube sind im Ausgangspunkt zwar nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten und gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Nutzertätigkeit hindeuten. Wird allerdings der Dienstanbieter jedoch auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt.

OLG Hamburg 1.7.2015, 5 U 87/12 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Entscheidungen betreffen zwei urheberrechtliche Verfahren, in denen die Betreiberin des Videoportals "YouTube" und - in einem der Verfahren - auch deren Muttergesellschaft, die Google Inc., wegen des Vorwurfs von Urheberrechtsverletzungen in Anspruch genommen wurden. Gegenstand der Verfahren sind verschiedene Musiktitel, die durch Nutzer von YouTube im Rahmen von Videoclips hochgeladen und damit öffentlich zugänglich gemacht worden waren, obwohl sie an den Musiktiteln keine Rechte hatten. Daraufhin nahmen der Rechteinhaber bzw. die Verwertungsgesellschaft GEMA YouTube bzw. Google u.a. auf Unterlassung in Anspruch.

+++ 5 U 87/12 +++
In diesem Verfahren wollte die GEMA gegenüber YouTube u.a. ein Verbot der öffentlichen Zugänglichmachung in Bezug auf zwölf Musiktitel erreichen, an denen die GEMA die Rechte wahrnimmt. YouTube lehnte eine Unterlassungsverpflichtung ab, da sie für etwaige Urheberrechtsverletzungen nicht hafte. Zum einen stelle sie ihre Videoplattform lediglich den Nutzern zur Verfügung und habe die fraglichen Videos weder selbst erstellt noch hochgeladen. Zum anderen habe sie alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um Urheberrechtsverletzungen zu begegnen.

Das LG gab der Klage teilweise statt und entschied, dass YouTube zur Unterlassung in Bezug auf sieben der insgesamt zwölf betroffenen Musiktitel verpflichtet sei. Bei diesen sieben Titeln habe die Beklagte gegen die Pflicht verstoßen, die betroffenen Videoclips unverzüglich zu sperren, nachdem sie von der Klägerin über die Urheberrechtsverletzungen informiert worden war. In Bezug auf die übrigen fünf Titel wies das LG die Klage ab. Die Berufungen der Parteien hatten vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde zugelassen.

+++ 5 U 175/10 +++
Auch in diesem Verfahren ging es u.a. um die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß der Betreiber einer Videoplattform für Urheberrechtsverletzungen durch Videos haftet, die von Nutzern der Plattform hochgeladen werden. Der Kläger in diesem Verfahren ging als Rechteinhaber in Bezug auf diverse Musikstücke gegen YouTube und die Google, Inc. als Muttergesellschaft vor. Er verlangte von beiden u.a. Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung.

Auch in diesem Verfahren hatte die Klage teilweise Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
In beiden Verfahren war in Bezug auf einzelne der jeweils betroffenen Musiktitel eine Haftung von YouTube bzw. Google aus dem Gesichtspunkt der sogenannten Störerhaftung zu bejahen.

Die Betreiber von Internetangeboten wie YouTube sind im Ausgangspunkt zwar nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten und gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Nutzertätigkeit hindeuten. Wird allerdings ein solcher Dienstanbieter auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt.

Welche Pflichten den Dienstanbieter dabei treffen, insbesondere ob und wieweit er zur Sperrung und dann zur Prüfung und Überwachung der bei ihm hochgeladenen Inhalte verpflichtet ist, bestimmt sich danach, was dem Betreiber nach den Umständen des jeweiligen Falles zuzumuten ist. Eine Verletzung derartiger Pflichten war vorliegend in beiden Verfahren hinsichtlich einzelner Musiktitel zu bejahen. YouTube bzw. Google sind insofern zur Unterlassung verpflichtet.

Eine Inanspruchnahme der Kläger als Täter - nach Ansicht der Rechteinhaber veröffentliche YouTube nicht lediglich fremde Inhalte, sondern trete als eigenverantwortlich handelnder Anbieter auf, mache sich dabei die fremden Inhalte zu eigen und nehme selbst urheberrechtliche Nutzungshandlungen vor - schied hingegen aus. Insofern konnte etwa der Kläger in dem Verfahren 5 U 175/10 nicht zusätzlich die Feststellung verlangen, dass YouTube und Google zu Ausgleichszahlungen verpflichtet seien. Eine Haftung aus diesem Gesichtspunkt war zu verneinen.

OLG Hamburg PM vom 1.7.2015
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