20.06.2017

Urheberrechtliche Fragen zu Fotografien von in Museen ausgestellten Gemälden

Das OLG Stuttgart hat sich mit urheberrechtlichen Fragen zu Fotografien von in Museen ausgestellten Gemälden befasst. Es hat einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Fotografen aus der sog. Sanssouci-Rechtsprechung des BGH und aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Besichtigungsvertrag hergeleitet.

OLG Stuttgart 31.3.2017, 4 U 204/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Stadt Mannheim, die das Reiss-Engelhorn-Museum betreibt. Der Beklagte lud im Rahmen ehrenamtlicher Tätigkeit Fotografien von im Eigentum der Klägerin stehenden Ausstellungsobjekten in Wikimedia Commons, der Mediendatenbank des Internet-Lexikons Wikipedia, hoch. Dabei handelt es sich um aus einem Katalog eingescannte Fotografien eines Angestellten der Stadt Mannheim, der als "Hausfotograf" für die Klägerin tätig war. Zum anderen fertigte der Beklagte im Mai 2007 im Museum selbst Fotografien an.

Das LG gab der Klage statt und untersagte es dem Beklagten bei Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, die Fotografien (weiterhin) in der Mediendatenbank Wikimedia Commons öffentlich zugänglich zu machen oder machen zu lassen. Die Berufung hatte vor dem OLG ganz überwiegend keinen Erfolg. Lediglich in Bezug auf eine Fotografie, für die die Urheberschaft des "Hausfotografen" nicht nachweisbar war, änderte das OLG das Urteil des LG ab und wies die Klage insoweit ab. Die Revision zum BGH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Gründe:
Die eingescannten und hochgeladenen Fotografien sind jedenfalls als Lichtbilder i.S.d. § 72 Abs. 1 UrhG anzusehen. Ob die streitgegenständlichen Fotografien darüber hinaus auch als Lichtbilder i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG schutzfähig sind, konnte vorliegend offenbleiben.

Soweit der Beklagte (sogar) den Lichtbildcharakter der Fotos in Frage stellt, da es nur um die Abbildung des Gemäldes in möglichst identischer unveränderter Form gehe und das fotografierte Objekt nur substituiert werden solle, war dem nicht zu folgen. Die möglichst exakte Fotografie eines Gemäldes ist zwar auch eine Vervielfältigung des Gemäldes. Wegen des vom Gesetz vorgesehenen Schutzes für Lichtbildwerke und Lichtbilder ist aber ein eigenständiger Schutz notwendig, weil ansonsten der gesetzlich gewollte Werkschutz für die eigenständig geschaffene Fotografie leerlaufen würde.

Bzgl. der vom Beklagten selbst gefertigten und hochgeladenen Fotografien ist der Unterlassungsanspruch aus der sog. Sanssouci-Rechtsprechung des BGH und aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Besichtigungsvertrag herzuleiten. Der BGH hat in mehreren Entscheidungen festgehalten, das ausschließliche Recht zur Anfertigung und Verwertung von Fotografien von Bauwerken und Gartenanlagen stehe dem Grundstückseigentümer zu, soweit diese Abbildungen von seinem Grundstück aus angefertigt wurden (etwa BGH 19.12.2014, V ZR 324/13).

Da der BGH in dem genannten Urteil maßgeblich auf die Eigentumsrechte aus § 903 BGB abgestellt hat, war vorliegend die - bislang nicht höchstrichterlich geklärte - Frage der Übertragbarkeit dieser Grundsätze auf bewegliche Sachen zu bejahen. Zudem besteht ein vertraglicher Unterlassungsanspruch auf Grundlage des Besichtigungsvertrags zwischen den Parteien bei dem maßgeblichen Museumsbesuch. Die Beweisaufnahme hat bestätigt, dass Schilder mit durchgestrichener Kamera bereits im Mai 2007 angebracht waren. Das sich hieraus ergebende Fotografierverbot ist als rechtlich wirksame Bedingung des Besichtigungsvertrags anzusehen.

OLG Stuttgart PM vom 19.6.2017
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