Verbot der Beteiligung reiner Finanzinvestoren an Rechtsanwaltsgesellschaften zulässig
EuGH v. 19.12.2024 - C-295/23
Der Sachverhalt:
Die klagende deutsche Rechtsanwaltsgesellschaft Halmer Rechtsanwaltsgesellschaft wendet sich beim Bayerischen Anwaltsgerichtshof gegen einen Bescheid der beklagten Rechtsanwaltskammer München vom 9.11.2021, mit dem ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen wurde, nachdem eine österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung Geschäftsanteile an ihr zu rein finanziellen Zwecken erworben hatte. Nach der zeitlich relevanten deutschen Regelung konnten nur Rechtsanwälte und Angehörige bestimmter freier Berufe Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft werden.
Der Bayerische AGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Unionsrecht zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Die Gründe:
Das Unionsrecht - genauer der freie Kapitalverkehr und die Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG), die die Niederlassungsfreiheit konkretisiert - steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, nach der es unzulässig ist, dass Geschäftsanteile an einer Rechtsanwaltsgesellschaft auf einen reinen Finanzinvestor (der nicht die Absicht hat, in der Gesellschaft eine bestimmte berufliche Tätigkeit auszuüben) übertragen werden, und die bei Zuwiderhandlung den Widerruf der Zulassung der Gesellschaft zur Rechtsanwaltschaft vorsieht.
Diese Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs ist durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Ein Mitgliedstaat kann legitimer Weise davon ausgehen, dass ein Rechtsanwalt nicht in der Lage wäre, seinen Beruf unabhängig und unter Beachtung seiner Berufs- und Standespflichten auszuüben, wenn er einer Gesellschaft angehörte, zu deren Gesellschaftern Personen zählen, die ausschließlich als reine Finanzinvestoren handeln, ohne den Rechtsanwaltsberuf oder einen anderen, vergleichbaren Regeln unterliegenden Beruf auszuüben. Eine solche Beschränkung geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist.
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EuGH PM Nr. 202 vom 19.12.2024
Die klagende deutsche Rechtsanwaltsgesellschaft Halmer Rechtsanwaltsgesellschaft wendet sich beim Bayerischen Anwaltsgerichtshof gegen einen Bescheid der beklagten Rechtsanwaltskammer München vom 9.11.2021, mit dem ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen wurde, nachdem eine österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung Geschäftsanteile an ihr zu rein finanziellen Zwecken erworben hatte. Nach der zeitlich relevanten deutschen Regelung konnten nur Rechtsanwälte und Angehörige bestimmter freier Berufe Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft werden.
Der Bayerische AGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Unionsrecht zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Die Gründe:
Das Unionsrecht - genauer der freie Kapitalverkehr und die Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG), die die Niederlassungsfreiheit konkretisiert - steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, nach der es unzulässig ist, dass Geschäftsanteile an einer Rechtsanwaltsgesellschaft auf einen reinen Finanzinvestor (der nicht die Absicht hat, in der Gesellschaft eine bestimmte berufliche Tätigkeit auszuüben) übertragen werden, und die bei Zuwiderhandlung den Widerruf der Zulassung der Gesellschaft zur Rechtsanwaltschaft vorsieht.
Diese Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs ist durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Ein Mitgliedstaat kann legitimer Weise davon ausgehen, dass ein Rechtsanwalt nicht in der Lage wäre, seinen Beruf unabhängig und unter Beachtung seiner Berufs- und Standespflichten auszuüben, wenn er einer Gesellschaft angehörte, zu deren Gesellschaftern Personen zählen, die ausschließlich als reine Finanzinvestoren handeln, ohne den Rechtsanwaltsberuf oder einen anderen, vergleichbaren Regeln unterliegenden Beruf auszuüben. Eine solche Beschränkung geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist.
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