03.02.2014

Verbot der Erhebung fakultativer Zusatzkosten für die Gepäckaufgabe mit Unionsrecht unvereinbar

Nach Ansicht von Generalanwalt Bot ist die spanische Regelung, die den Luftfahrtunternehmen die Erhebung fakultativer Zusatzkosten für die Gepäckaufgabe untersagt, mit dem Unionsrecht unvereinbar. Die Unternehmen müssen den Kunden jedoch die Preise für die Dienstleistung auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn des Buchungsvorgangs auf "Opt-in"-Basis mitteilen.

EuGH C-487/12: Schlussanträge des Generalanwalts v. 23.1.2014
Der Sachverhalt:
Eine spanische Fluggesellschaft hatte im August 2010 den Grundpreis der von einer Kundin online gekauften Flugscheine (241,48 €) aufgrund der Aufgabe von zwei Gepäckstücken um 40 € erhöht. Die Kundin reichte deshalb eine Beschwerde gegen die Fluggesellschaft ein. Sie war der Ansicht, der mit dieser Gesellschaft geschlossene Luftbeförderungsvertrag weise eine missbräuchliche Klausel auf.

Das Verbraucherinstitut der Autonomen Gemeinschaft von Galizien verhängte daraufhin eine verwaltungsrechtliche Sanktion i.H.v. 3.000 € gegen die Fluggesellschaft. In diesem Zusammenhang fragte das mit der Rechtssache befasste Verwaltungsgericht den EuGH, ob die spanische Regelung mit dem im Unionsrecht verankerten Grundsatz der Preisfreiheit vereinbar ist. Letztlich geht es um die Frage, ob das Unionsrecht das von einigen Luftfahrtgesellschaften, insbesondere den sog. "Low cost"-Fluggesellschaften, seit der Liberalisierung des Sektors angewandte Wirtschaftsmodell in Frage stellen kann.

Nach Ansicht von Generalanwalt Bot ist die spanische Regelung, die den Luftfahrtunternehmen die Erhebung fakultativer Zusatzkosten für die Gepäckaufgabe untersagt, mit dem Unionsrecht unvereinbar.

Die Gründe:
Das Unionsrecht erkennt den Luftfahrtunternehmen eine Preisfreiheit zu, die sämtliche marktbestimmten Dienstleistungen erfasst, die mit der Durchführung des Luftbeförderungsvertrags in Zusammenhang stehen, einschließlich Dienstleistungen wie Gepäckaufgabe. Infolgedessen haben die Luftfahrtunternehmen bei der Preisfestsetzung für aufgegebenes Gepäck die Wahl, ob sie die Kosten dieser Dienstleistung in den Grundpreis des Flugscheins einrechnen oder ob sie sie gegen Zahlung fakultativer Zusatzkosten anbieten.

Eine solche Auslegung ist auf Handgepäck, für das das Luftfahrtunternehmen Unentgeltlichkeit sicherstellen muss, nicht anwendbar. Im Unterschied zu einem aufgegebenen Gepäckstück unterliegt das Handgepäck der alleinigen Verantwortung des Fluggasts. Außerdem gehört es nicht zu den marktbestimmten Dienstleistungen, die vom Luftfahrtunternehmen erbracht werden, da es anders als ein aufgegebenes Gepäckstück keine Kosten für Aufgabe, Ablaufverfolgung und Lagerung verursacht. Schließlich gehört die Möglichkeit, persönliche Gegenstände, die man als sehr wertvoll und absolut unerlässlich ansieht, unter eigener Aufsicht mit sich zu führen, zur Würde des Menschen.

Es wird insofern wieder eine staatliche Regulierung eingeführt, die der Unionsgesetzgeber im Rahmen der Deregulierung und Liberalisierung des Sektors abschaffen wollte. Mit Ausnahme der Fluglinien, die eine öffentliche Aufgabe erfüllen, und der von der öffentlichen Hand oder den Flughafenbetreibern erhobenen Abgaben haben die Mitgliedstaaten nämlich kein Kontrollrecht mehr in Bezug auf das von den Luftfahrtunternehmen festgelegte Preisniveau, die anwendbaren Tarifbedingungen und die Natur der Dienstleistungen, die in den Grundpreis des Flugscheins einbezogen werden können.

Allerdings ist es die Aufgabe der zuständigen nationalen Stellen, sich zu versichern, dass die Luftfahrtunternehmen bei der Erhebung fakultativer Zusatzkosten die ihnen obliegenden Anforderungen in Bezug auf den Schutz der Verbraucherrechte einhalten. Daher müssen die Luftfahrtunternehmen auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn des Buchungsvorgangs durch den Kunden die Preismodalitäten, die im Zusammenhang mit der Gepäckaufgabe stehen, mitteilen und es dem Kunden ermöglichen, die fragliche Leistung auf "Optin"-Basis anzunehmen oder abzulehnen. Somit ist es im Rahmen der vorliegenden Falls Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Fluggesellschaft die genannten Anforderungen bei der Kundin eingehalten hatte.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM v. 24.1.2014
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