Verletzt die Verwendung des Begriffs deutscher Balsamico die geschützte geografische Angabe "Aceto Balsamico di Modena"?
BGH 12.4.2018, I ZR 253/16Die Klägerin stellt auf Essig basierende Produkte her und vermarktet sie im Raum Baden. Sie vertreibt seit mindestens 25 Jahren Produkte unter der Bezeichnung "Balsamico" und "Deutscher Balsamico". Der Beklagte ist ein Zusammenschluss von Erzeugern der mit der Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena" versehenen Erzeugnisse. Bei dieser Bezeichnung handelt es sich um eine nach der Verordnung (EG) Nr. 583/2009 vom 3.7.2009 zur Eintragung der Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena" in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten Angaben für Essig aus der Region Modena.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Verwendung der Bezeichnung Balsamico durch die Klägerin verletze die geschützte geografische Angabe "Aceto Balsamico di Modena" und mahnte sie daher ab.
Die von der Klägerin dagegen erhobene negative Feststellungsklage hatte vor dem LG keinen Erfolg. Das Berufungsgericht gab der Klage statt. Der Erfolg der Revision der Beklagten hängt von der Auslegung des Art. 1 der EG-Verordnung Nr. 583/2009 ab. Das Verfahren wurde daher ausgesetzt und eine Vorabentscheidung des EuGH ersucht.
Die Gründe:
Die Revision der Beklagten hat Erfolg, wenn die von der Klägerin verwendeten Bezeichnungen "Balsamico" und "Deutscher Balsamico" gegen § 135 Abs. 1 MarkenG i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a oder b der Grundverordnung verstoßen.
Enthält eine geschützte geografische Angabe ("Aceto Balsamico di Modena") den als Gattungsbezeichnung angesehenen Namen eines Erzeugnisses, so gilt nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Grundverordnung die Verwendung der Gattungsbezeichnung nicht als Verstoß. Der Unterlassungsanspruch der Beklagten setzt daher voraus, dass sich der durch Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 583/2009 gewährte Schutz der Gesamtbezeichnung "Aceto Balsamico di Modena" auf die Verwendung der einzelnen nichtgeografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung ("Aceto", "Balsamico", "Aceto Balsamico") erstreckt. Diese Frage bedarf der Klärung durch den EuGH.
Dass eine geschützte geografische Angabe, die aus mehreren Begriffen besteht, nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a oder b der Grundverordnung, auch gegen die Verwendung der einzelnen Bergriffe dieser Angabe geschützt sein kann ergibt sich aus dem Umkehrschluss des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Grundverordnung. Aus der EuGH-Rechtsprechung geht ebenfalls hervor, dass sich der Schutz auf die einzelnen Bestandteile der geschützten Gesamtbezeichnung erstrecken kann. Die Verwendung des Wortes Parmesan beeinträchtigt demnach die geschützte Ursprungsbezeichnung "Parmigiano Reggiano" (EuGH 26.2.2008, C-132/05).
Der Umfang des Schutzes einer geschützten geografischen Angabe, die aus mehreren Begriffen besteht, kann jedoch auch dahin beschränkt werden, dass er sich nicht auf die Verwendung der einzelnen Begriffe erstreckt, so z.B. bei "Gouda Holland", "Edam Holland", "Ricotta Romana".
Im Streitfall sprechen für eine Beschränkung des Schutzumfangs auf die Gesamtbezeichnung unter Ausschluss einzelner nichtgeografischer Bestandteile die Erwägungsgründe der Verordnung (EG) Nr. 583/2009. Danach können die nichtgeografischen zusammengesetzten Begriffe der Gesamtbezeichnung unter Einhaltung der Grundsätze der EU verwendet werden. Das Fehlen eines ausdrücklichen Hinweises auf Art. 13 der Grundverordnung lässt keine eindeutige Klärung der Rechtsfrage zu.
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