30.06.2023

Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts durch unerlaubte Nutzung eines Fotos des Lear-Jets eines fremden Unternehmens zu Werbezwecken

Der unbefugten Benutzung eines fremden Namens zu Werbezwecken und der damit einhergehenden Verletzung des allgemeinen (Unternehmens-)Persönlichkeitsrechts steht es gleich, wenn das betroffene Unternehmen, welches nicht in die Nutzung eingewilligt hat, mit Hilfe öffentlich zugänglicher Quellen als Halter eines Lear-Jets identifizierbar ist, vor dem ein von der Beklagten beworbenes Fahrzeug der Luxus-Klasse fotografisch in Szene gesetzt wird.

OLG Hamm v. 30.3.2023 - 4 U 130/21
Der Sachverhalt:
Im Juli 2017 ließ die Beklagte Werbeaufnahmen für einen Pkw herstellen. Die Aufnahmen entstanden auf einem Flughafen. Auf einigen der Fotografien ist hinter dem Pkw ein Lear-Jet zu sehen, der zu diesem Zeitpunkt auf dem Flugplatz abgestellt war. Am Heck des Flugzeugs ist das Luftfahrzeugkennzeichen B-# angebracht, aufgrund dessen die Klägerin als Halterin des Jets identifizierbar ist.

Das LG wies die Klage auf Unterlassung der Nutzung dieser Fotografien ab. Ein namensrechtlicher Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB bestehe nicht, weil die Beklagte das Namensrecht der Klägerin nicht verletzt habe. Eine solche Verletzung komme nur in Betracht, wenn die beteiligten Verkehrskreise die Waren der Beklagten als Erzeugnisse der Klägerin ansähen oder ihr diese sonst zurechneten.

Auch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts sei nicht gegeben. Nicht jede Abbildung eines vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützten Rechtsguts stelle zugleich eine Verletzung dar. Erforderlich sei, dass der Name oder das Zeichen überhaupt deutlich lesbar seien.

Die Berufung vor dem OLG hatte überwiegend Erfolg. Die Revision wurde für die Beklagte zugelassen.

Die Gründe:
Die Beklagte hat das allgemeine Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt, indem sie die streitgegenständlichen Fotografien ohne Einwilligung der Klägerin zu Werbezwecken genutzt hat.

Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht schützt den durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten sozialen Geltungsanspruch von Kapitalgesellschaften als Wirtschaftsunternehmen. Dieser ist vorliegend berührt, weil (auch) das Unternehmenspersönlichkeitsrecht dem Berechtigten einen generellen Schutz vor den die Person bzw. das Unternehmen als solche(s) berührenden Eingriffen Dritter gewährt. Ihm bzw. dem Unternehmen allein ist es deshalb vorbehalten, darüber zu befinden, ob und unter welchen Voraussetzungen sein Name in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt.

Damit stünde es nicht in Einklang, wenn der Berechtigte es dulden müsste, dass sein Name, den er im Geschäftsverkehr selbst werbend benutzt, ungefragt oder sogar gegen seinen Willen für fremde Werbung Verwendung findet. Im Wesen des Namensrechts als eines Persönlichkeitsrechts liegt es, den Berechtigten selbst entscheiden zu lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen sein Name für Werbezwecke anderer zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 26.6.1981 - I ZR 73/79, Rennsport-Gemeinschaft).

Hierbei verkennt der Senat nicht, dass der Name bzw. die Firma der Klägerin auf den in Rede stehenden Fotografien nicht unmittelbar genannt werden bzw. in Erscheinung treten. Die Klägerin ist nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des LG als Halterin des auf den Fotografien abgebildeten Flugzeugs aber zumindest über das ohne Weiteres zu erkennende Luftfahrzeugkennzeichen mittels öffentlich zugänglicher Quellen im Internet eindeutig identifizierbar.

Eine solche Identifizierbarkeit ist ausreichend, um den Schutzbereich des Unternehmenspersönlichkeitsrechts zu berühren. Anders als in dem der Entscheidung des BGH vom 26.6.1981 zugrunde liegenden Sachverhalt, in dem der volle Name ("M") des persönlich haftenden Gesellschafters des seinerzeit klagenden Unternehmens auf dem Auto abgebildet war, mit dem für Autorennbahnen der Marke "L" geworben wurde, kommt vorliegend zwar "nur" bzw. in erster Linie eine Identifizierung im Wesentlichen anhand des Luftfahrzeugkennzeichens in Betracht. Dies stellt aber im Zeitalter des Internets keine nennenswerte Hürde mehr da und ist daher im Ergebnis nicht anders zu beurteilen, als wenn der Name bzw. die Firma der Klägerin auf dem Flugzeugrumpf lesbar abgebildet wären.

Auf die Frage, ob die streitgegenständliche Werbung geeignet ist, sich negativ auf das unternehmerische Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit auszuwirken, kommt es nicht an.

Mehr zum Thema:

Link zum Volltext der Entscheidung des OLG

Rechtsprechung:
Zulässige Verbindung eines Unternehmenskennzeichens als Keyword mit Werbeanzeigen Dritter
OLG Frankfurt vom 10.11.2022 - 6 U 301/21
Nicolas Kötter, ITRB 2023, 95

Rechtsprechung:
Entfernung einer Referenz aus Onlineangebot
LG Bielefeld vom 23.11.2021 - 15 O 104/20
CR 2022, 109

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