21.11.2014

Vermieterpfandrecht des Veräußerers und das des Erwerbers stehen im gleichen Rang

Neben dem Vermieterpfandrecht des Veräußerers, das dessen Forderungen aus dem Mietverhältnis sichert, entsteht ein eigenständiges Vermieterpfandrecht des Erwerbers. Die beiden Vermieterpfandrechte erfassen dieselben Sachen und stehen im gleichen Rang.

BGH 15.10.2014, XII ZR 163/12
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der S., einer Mieterin von Gewerberäumen. Deren Rechtsvorgängerin hatte Ende August 2006 einen Mietvertrag mit der damaligen Grundstückseigentümerin abgeschlossen. Damals befand sich bereits das Mieterinventar in den Mieträumen. Die Klägerin kaufte das Objekt im Dezember 2006 und wurde als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.

Nachdem im Februar 2008 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. eröffnet worden war, machte die Klägerin geltend, ihr stehe das Vermieterpfandrecht an dem Inventar und daher insoweit ein Absonderungsrecht zu. Der Beklagte verwies allerdings auf einen Raumsicherungsübereignungsvertrag, der im Oktober 2006 zwischen der S. und einer Bank abgeschlossen worden war, sowie auf eine Vereinbarung zwischen den ursprünglichen Mietvertragsparteien und der Bank vom gleichen Datum, mit der die Vermieterin auf ihr Vermieterpfandrecht verzichtet habe. Darin war zudem ein Sicherungsübereignungsvertrag zwischen der S. und der Bank aus August 2006 in Bezug genommen.

Die Klägerin stellte eine wirksame Sicherungsübereignung und die Wirksamkeit des Verzichts in Abrede. Gleichwohl zahlte der Beklagte aus dem durch die Veräußerung des Inventars erzielten Erlös einen Betrag von 782.000 € an die Bank aus. In dieser Höhe nahm die Klägerin ihn auf Schadensersatz in Anspruch. LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH die Berufungsentscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Zwar war mit dem Eigentumsübergang ein neues Mietverhältnis zwischen der Klägerin und der S. entstanden. Der vom Berufungsgericht hieraus gezogene Schluss, dem der Klägerin zustehenden Vermieterpfandrecht gem. §§ 578 Abs. 1, 562 Abs. 1 S. 1 BGB unterfielen nur die im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs noch im Eigentum der Schuldnerin stehenden Sachen, war hingegen rechtsfehlerhaft.

Richtig war auch, dass hinsichtlich der vertraglichen Ansprüche durch den Eigentumsübergang und das Entstehen eines neuen Mietvertrags mit dem Erwerber gemäß § 566 BGB eine Zäsur eintritt. Denn die schon vorher entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche bleiben bei dem bisherigen Vermieter, und nur die nach dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels fällig werdenden Forderungen stehen dem Grundstückserwerber zu. Eine solche Zäsur bewirkt aber keinen Einschnitt dergestalt, dass der vor ihr liegende Zeitraum bei der Bestimmung des Inhalts der sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten i.S.d. § 566 Abs. 1 BGB unberücksichtigt bliebe. Mit Hilfe des Fälligkeitsprinzips wird vielmehr die Frage beantwortet, welche mietvertraglichen Rechte und Pflichten infolge eines Eigentumsübergangs dem Erwerber und welche dem Veräußerer zugerechnet werden können.

Soweit es für den Inhalt der mietvertraglichen Rechte und Pflichten zwischen Erwerber und Mieter auf den Beginn des Mietverhältnisses ankommt, ist auf den Beginn des ursprünglichen Mietverhältnisses zwischen Veräußerer und Mieter abzustellen. Dafür, ob eine in die Mieträume eingebrachte Sache dem Vermieterpfandrecht des Erwerbers unterfällt, kommt es auf den Zeitpunkt der Einbringung der Sache in die Mieträume an. Eine Sicherungsübereignung der Sache im Zeitraum nach ihrer Einbringung in die Mieträume und vor einem veräußerungsbedingten Vermieterwechsel verhindert daher nicht, dass das Vermieterpfandrecht des Erwerbers die Sache erfasst. Neben dem Vermieterpfandrecht des Veräußerers, das dessen Forderungen aus dem Mietverhältnis sichert, entsteht ein eigenständiges Vermieterpfandrecht des Erwerbers. Die beiden Vermieterpfandrechte erfassen dieselben Sachen und stehen - entgegen der Ansicht des OLG - im gleichen Rang.

Das der S. gehörende Inventar war bei der Einbringung in die Mieträume nicht sicherungsübereignet, so dass es vom Vermieterpfandrecht der Veräußerin erfasst war. Eine erst anschließend erfolgte Sicherungsübereignung konnte diese Sachen nicht dem Vermieterpfandrecht der Klägerin entziehen, das diese gem. §§ 578 Abs. 1, 566 Abs. 1, 562 Abs. 1 S. 1 BGB kraft Gesetzes erworben hatte. Mit der vom OLG gewählten Begründung ließ sich daher der auf § 60 Abs. 1 InsO gestützte klagegegenständliche Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Verletzung ihres behaupteten Absonderungsrechts nach §§ 50 Abs. 1, 170 Abs. 1 S. 2 InsO nicht verneinen.

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