Versicherungsvertrag: Kann allein die Benennung eines Ansprechpartners eine Irreführung beim Versicherungsnehmer auslösen?
BGH 21.4.2016, I ZR 151/15Die Klägerin berät als Versicherungsmaklerin Versicherungsnehmer in Versicherungsangelegenheiten und vermittelt Versicherungsverträge. Sie war im August 2013 u.a. von H. zur Regelung seiner Versicherungsverhältnisse, zur Verwaltung seiner Versicherungsverträge sowie zur Beschaffung des erforderlichen Versicherungsschutzes bevollmächtigt worden.
Die Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen. Ihren Außendienst lässt sie durch die ADVAG wahrnehmen. Zwischen der Beklagten und dem von der Klägerin betreuten Versicherungsnehmer H. besteht ein Vertrag über eine Wohngebäudeversicherung. Im September 2013 hatte die Beklagte der Klägerin zum Zwecke der Weiterleitung an den H. ein Schreiben sowie einen Versicherungsschein übersandt. Das an die Klägerin adressierte Schreiben enthielt im Briefkopf neben der Firma und der Adresse der Beklagten auch ihre Bankverbindungsdaten sowie die Angabe " Es betreut Sie: Vermögensberater für A.D.V.AG."
Am Schluss des Versicherungsscheins fanden sich unter der Überschrift "Ihre persönlichen Ansprechpartner" Angaben zu Namen und Kontaktdaten eines Vermögensberaters sowie der Direktion der ADVAG. Außerdem hieß es dort:
"Haben Sie noch Fragen zu Ihrer Versicherung? Können wir anderweitig für Sie aktiv werden? Wir bieten Ihnen klare Beratung in allen Vermögens- und Versicherungsfragen. Sprechen sie uns gerne an."
Die Klägerin war der Ansicht, allein sie und nicht die Beklagte oder die ADVAG sei Ansprechpartner des H. in allen Angelegenheiten des Versicherungsverhältnisses. Die Benennung der Berater der ADVAG unter der Angabe "Es betreut Sie:" in dem Begleitschreiben sowie unter der Rubrik "Ihre persönlichen Ansprechpartner" im Versicherungsschein sei wettbewerbsrechtswidrig, weil der Versicherungsnehmer über diesen Umstand in die Irre geführt werde. Zudem werde sie, die Klägerin, in unlauterer Weise behindert.
LG und OLG gaben der Klage teilweise statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und wies die Klage insgesamt ab.
Die Gründe:
Zwar waren die Parteien Mitbewerber i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Denn zwischen einem Versicherer und einem Versicherungsmakler, der mit einem Versicherungsnehmer des Versicherers einen Versicherungsmaklervertrag abgeschlossen hat, besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Maßgeblich für das Wettbewerbsverhältnis der Parteien im Hinblick auf die Beratung des Versicherungsnehmers ist allein, dass die Übersendung des beanstandeten Schreibens und des Versicherungsscheins während der Geltung des zwischen der Klägerin und dem Versicherungsnehmer der Beklagten bestehenden Versicherungsmaklervertrags erfolgt ist. Und dies war vorliegend der Fall.
Dagegen hielt die Annahme des Berufungsgerichtes, die beanstandeten Angaben seien irreführend i.S.v. § 5 Abs. 1 UWG, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Eine geschäftliche Handlung ist i.S.v. § 5 Abs. 1 UWG irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Für die Beurteilung kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft. Dabei sind die insoweit vom Tatrichter zu treffenden Feststellungen zur Verkehrsauffassung in der Revisionsinstanz nur darauf nachprüfbar, ob das Gericht bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat.
Entgegen der Ansicht des OLG war das mit dem Unterlassungsantrag angegriffene Schreiben, in dem unter der Rubrik "Es betreut Sie:" ein Vermögensberater der ADVAG mit Name und Kontaktdaten angegeben war, nicht irreführend. Denn es bestand weder die Gefahr, dass der Verkehr zu der Fehlvorstellung verleitet wurde, nicht die Klägerin, sondern allein Mitarbeiter der ADVAG seien als Ansprechpartner für den Versicherungsnehmer zuständig, noch bestand eine Irreführung dahingehend, dass durch das Schreiben der Eindruck erweckt wurde, die als Betreuer genannte Person sei als gleichwertiger Ansprechpartner neben der Klägerin für die Betreuung des Versicherungsnehmers zuständig.
Es war auch keine Irreführung im Hinblick auf die Fähigkeit des im Schreiben genannten Ansprechpartners zur Erteilung von Auskünften über das konkrete Versicherungsverhältnis gegeben. Denn dem angesprochenen Verkehr wurde nicht in irreführender Weise ein "besonderes Näheverhältnis" des Ansprechpartners zum Versicherungsnehmer suggeriert. Eine Irreführung ergab sich schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte die Klägerin nicht ausdrücklich als Ansprechpartner benannt hatte. Insofern bestand nicht die Gefahr, dass der Verkehr durch das angegriffene Schreiben zu der Fehlvorstellung verleitet wurde, nicht die Klägerin, sondern allein Mitarbeiter der Beklagten oder ihres Außendienstes seien als Ansprechpartner für den Versicherungsnehmer zuständig.
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