Vertragsstrafenvereinbarung: Keine Pflicht zum "neuen Hamburger Brauch"
BGH 13.11.2013, I ZR 77/12Der Kläger ist der Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V. Die Bezeichnung "Haus & Grund" ist Bestandteil seines Firmennamens. Die Beklagte betreibt ein Immobilienmaklerunternehmen in Thüringen. Sie firmierte ursprünglich unter der Bezeichnung "Eigentum Haus & Grund GmbH". Der Kläger mahnte sie deshalb im Februar 2006 wegen der Verwendung des Firmenbestandteils "Haus & Grund" ab. Die Beklagte verpflichtete sich daraufhin zur Unterlassung. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung versprach sie die Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. 25.000 €.
Der Kläger stellte bald darauf fest, dass die Beklagte weiterhin in Online-Fernsprech- und Branchenverzeichnissen wie "ortsverzeichnis.org", "stadtbranchenbuch.com", "11880.com", "gelbeseiten.de" sowie im Kartendienst "Google Maps" mit der Firmenbezeichnung "Eigentum Haus & Grund GmbH" aufgeführt war. Er sah deshalb die Vertragsstrafe als verwirkt an und nahm die Beklagte mit der vorliegenden Klage auf Zahlung von 25.000 € in Anspruch. Die Beklagte hielt dagegen, die Klausel über die vereinbarte Vertragsstrafe sei nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil sie unangemessen benachteiligt werde.
Das LG gab der Klage antragsgemäß statt; das OLG wies sie ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung zurück.
Gründe:
Das Berufungsgericht hatte zu Unrecht angenommen, dass die Vertragsstrafenvereinbarung die Beklagte i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt.
Ein wettbewerbs- oder schutzrechtlich veranlasstes (vorformuliertes) Vertragsstrafeversprechen ist zwar nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn die Vertragsstrafe der Höhe nach bereits auf den ersten Blick außer Verhältnis zu dem mit der Vertragsstrafe sanktionierten Verstoß und den Gefahren steht, die mit möglichen zukünftigen Verstößen für den Unterlassungsgläubiger verbunden sind. Insoweit ist ein strengerer Maßstab anzulegen als bei einem individuell ausgehandelten Vertragsstrafeversprechen, bei dem eine Herabsetzung gem. § 242 BGB auch im kaufmännischen Verkehr möglich ist. Ein solches Versprechen stellt aber nicht bereits dann eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners dar, wenn es eine erhebliche und in dieser Höhe nicht übliche Vertragsstrafe vorsieht und nicht nach Art und Schwere des Verstoßes und des Verschuldens differenziert.
Für die Ausräumung der Wiederholungsgefahr genügt bereits die Abgabe der Unterwerfungserklärung; deren Annahme ist nicht erforderlich. Um der dann noch bestehenden Gefahr zu entgehen, dass die von ihm als angemessen angesehene Vertragsstrafe zu niedrig bemessen ist und die Wiederholungsgefahr nicht ausräumt, kann er jederzeit eine Unterwerfungserklärung nach "neuem Hamburger Brauch" abgeben. Danach wird vereinbart, dass die Vertragsstrafe durch den Gläubiger oder einen Dritten nach billigem Ermessen gem. § 315 Abs. 1 BGB der Höhe nach bestimmt wird und diese Bestimmung im Einzelfall nach § 315 Abs. 3 BGB durch ein Gericht überprüft werden kann. Allerdings ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aus § 307 Abs. 1 BGB nicht die Pflicht, im kaufmännischen Verkehr Vertragsstrafenvereinbarungen ausschließlich nach "neuem Hamburger Brauch" abzuschließen.
Angesichts des Beurteilungsspielraums, der dem Unterlassungsgläubiger im Rahmen der Prüfung des § 307 Abs. 1 BGB zu gewähren ist, steht es ihm frei, eine eindeutige und daher mit besonderer Abschreckungswirkung verbundene Vertragsgestaltung zu wählen, die darüber hinaus den Vorteil hat, dass im Fall einer Verwirkung der Vertragsstrafe das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung über deren Höhe begrenzt ist. Diesen Grundsätzen trug das angegriffene Urteil jedoch nicht hinreichend Rechnung. Die zwischen den Parteien vereinbarte Vertragsstrafe i.H.v. 25.000 € erschien zwar angesichts der Größe des Unternehmens der Beklagten und ihres regional beschränkten Tätigkeitskreises vergleichsweise hoch. Dass sie im Hinblick auf die Schwere der Schutzrechtsverletzung evident übersetzt war, ließ sich jedoch den Feststellungen nach nicht entnehmen. Immerhin hatte die in unmittelbarer Branchennähe tätige Beklagte das Firmenschlagwort des Klägers als Bestandteil ihrer Firma im geschäftlichen Verkehr benutzt.
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