11.04.2013

Verurteilung der Mitglieder des Grauzementkartells bestätigt

Der BGH hat die Verurteilung der Mitglieder des Grauzementkartells durch das OLG Düsseldorf bestätigt, die verhängten Bußgelder jedoch wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung um 5 Prozent reduziert. Die Vorschrift des § 81 Abs. 4 S. 2 GWB 2005, die mit der 7. GWB-Novelle eingeführt worden ist, ist nicht wegen Verfassungswidrigkeit nichtig.

BGH 26.2.2013, KRB 20/12
Der Sachverhalt:
Das Bundeskartellamt deckte 1987 ein vor allem in Süddeutschland tätiges Grauzementkartell auf und belegte die beteiligten Unternehmen mit erheblichen Geldbußen. Zur Vermeidung des danach befürchteten Preisverfalls einigten sich im März 1990 die Vertreter führender Hersteller von Grauzement in Deutschland, darunter auch der an diesem Verfahren beteiligten Holcim Deutschland AG, der HeidelbergCement AG, der Lafarge Zement GmbH und der Schwenk Zement KG, darauf, dass die Unternehmen ihre Marktanteile beibehalten und auf "vorstoßenden" Wettbewerb verzichten sollten.

Dies wurde in der Folgezeit auf den Märkten in Nord-, Ost-, West- und Süddeutschland durch Absprachen bei jeweils unterschiedlicher Beteiligung der Unternehmen umgesetzt. Das Bundeskartellamt stellte diese neuerlichen Kartellrechtsverstöße im Jahr 2002 fest und erließ Bußgeldbescheide gegen die Unternehmen (Nebenbetroffene) sowie gegen die verantwortlichen Führungskräfte (Betroffene). Hiergegen legten ein Betroffener sowie die Unternehmen, gegen die erhebliche Bußgelder verhängt worden waren, Einspruch ein.

Im gerichtlichen Verfahren verhängte das OLG wegen eines Verstoßes gegen das Kartellverbot gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 200.000 € sowie gegen die Unternehmen Geldbußen in Millionenhöhe, und zwar gegen Holcim i.H.v. 14,6 Mio. €, gegen HeidelbergCement i.H.v. knapp 170 Mio. €, gegen Lafarge Zement i.H.v. 24 Mio. € und gegen Schwenk Zement i.H.v. 70 Mio. €.

Die Rechtsbeschwerden gegen diese Verurteilungen hatten vor dem BGH in der Sache keinen Erfolg. Die verhängten Bußgelder waren jedoch wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung um 5 Prozent zu reduzieren.

Die Gründe:
Die vorgebrachten Beanstandungen greifen nicht durch.

Das OLG hat zutreffend für jede Ordnungswidrigkeit zunächst die absprachebedingt entstandenen - für den Bußgeldrahmen nach § 81 Abs. 2 GWB 1999 maßgeblichen - Mehrerlöse bestimmt. In einem zweiten Schritt hat es - ebenfalls ohne Rechtsverstoß - durch einen Vergleich mit dem Bußgeldrahmen des § 81 Abs. 4 S. 2 GWB 2005 nach § 4 Abs. 3 OWiG den für die Unternehmen günstigeren Bußgeldrahmen ermittelt. Die Vorschrift des § 81 Abs. 4 S. 2 GWB 2005, die mit der 7. GWB-Novelle eingeführt worden ist, ist nicht wegen Verfassungswidrigkeit nichtig. Sie verstößt weder wegen der nach ihrem Wortlaut rückwirkenden Inkraftsetzung noch wegen mangelnder Bestimmtheit gegen das GG.

Diese Regelung, nach der die Geldbuße 10 Prozent des Gesamtumsatzes eines Unternehmens nicht übersteigen darf, ist in verfassungskonformer Auslegung nicht als Kappungsgrenze (eines nach oben offenen Bußgeldrahmens), sondern als Obergrenze des Bußgeldrahmens zu verstehen, bei dessen Bestimmung der Umsatz nicht nur des jeweiligen Unternehmens, sondern des Gesamtkonzerns zugrunde zu legen ist. Da die durch die 7. GWB-Novelle geschaffene Vorschrift nicht verfassungswidrig ist, ist kein sanktionsloser Zustand eingetreten. Die vom OLG in den einzelnen Fällen verhängten Geldbußen halten rechtlicher Überprüfung stand; insbes. die von den Rechtsbeschwerdeführern angegriffenen Mehrerlösschätzungen des OLG sind rechtsfehlerfrei.

Der BGH hat allerdings die verhängten Geldbußen i.H.v. jeweils 5 Prozent für vollstreckt erklärt. Nachdem gegen das Urteil des OLG vom 26.6.2009 Rechtsbeschwerden eingelegt und begründet worden waren, vergingen etwa zwanzig Monate, bis die Akten dem Generalbundesanwalt vorgelegt worden sind. Hierin hat der Kartellsenat eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung gesehen. Da für Unternehmen die Belastung durch eine längere Verfahrensdauer in dem Rückstellungsbedarf für die verhängten Geldbußen liegt und deren Höhe maßgeblich von ihrer wirtschaftlichen Leistungskraft beeinflusst ist, erschien hier als Kompensation eine entsprechende prozentuale Anrechnung sachgerecht.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 62 vom 10.4.2013
Zurück