14.11.2018

Völkerrechtlicher Vertrag mit Saudi-Arabien: Keine Sicherheit wegen der Prozesskosten?

Der Ausnahmetatbestand des § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, dass aufgrund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit wegen der Prozesskosten zu leisten ist, greift im Verhältnis zum Königreich Saudi-Arabien nicht ein.

BGH 23.10.2018, XI ZR 549/17
Der Sachverhalt:

Die Klägerin, eine saudi-arabische Handelsgesellschaft, nimmt die Beklagte aus einer Bankgarantie in Anspruch. Auf Antrag der Beklagten wurde der Klägerin durch Zwischenurteil des LG vom 7.6.2016 die Erbringung einer Prozesskostensicherheit für die Kosten erster und zweiter Instanz und durch Beschluss des OLG vom 31.7.2017 die Erbringung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit für die Kosten zweiter Instanz aufgegeben.

Das LG gab der Klage statt. Das OLG wies sie ab. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt die Beklagte die Anordnung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit für die Kosten der dritten Instanz. Der BGH ordnete an, dass die Klägerin wegen der Prozesskosten der Beklagten bis zum 31.12.2018 eine weitere Sicherheit i.H.v. rd. 19.000 € zu erbringen hat.

Die Gründe:

Die Klägerin ist zur weiteren Sicherheitsleistung verpflichtet. Insoweit hat der Senat die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 und 2 ZPO ohne Bindung an das Zwischenurteil des LG selbstständig zu prüfen, weil darin wie auch in dem Nachforderungsbeschluss des OLG über eine Prozesskostensicherheit, die auch die dritte Instanz abdeckt, nicht entschieden worden ist.

Die Klägerin als saudi-arabische Handelsgesellschaft hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt, d.h. ihren Sitz, nicht in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. Die Verpflichtung der Klägerin zur Leistung weiterer Prozesskostensicherheit ist nicht gem. § 110 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Der Ausnahmetatbestand des § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, dass aufgrund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann, greift im Verhältnis zum Königreich Saudi-Arabien nicht ein. Der Freundschaftsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich des Hedjas, Nedjd und der zugehörigen Gebiete vom 26.4.1929, der auch zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Saudi-Arabien gilt, sieht eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung von Prozesskostensicherheit nicht vor.

Wenn Art. 3 des deutsch-saudischen Freundschaftsvertrages in Bezug auf den Rechtsweg den Grundsatz der Inländergleichbehandlung enthält, befreit dieser für sich schon deswegen nicht von der Verpflichtung zur Prozesskostensicherheit, weil § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht auf die Staatsbürgerschaft, sondern auf den gewöhnlichen Aufenthalt abstellt, mithin auch der im Ausland ansässige Inländer der Sicherheitsleistungspflicht unterliegen kann. Art. 3 des deutsch-saudischen Freundschaftsvertrages, der jedenfalls den Grundsatz der Meistbegünstigung enthält, kann auch nicht im Wege der Auslegung eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit entnommen werden.

Auch im Rahmen der Wiederinkraftsetzung des deutsch-saudischen Freundschaftsvertrages haben die Bundesrepublik Deutschland und das Königreich Saudi-Arabien weder die geschilderte Vertragspraxis noch die Rechtsprechung des Reichsgerichts zum Anlass genommen, ergänzende Regelungen oder Erklärungen zur Befreiung von der Pflicht zur Leistung einer Prozesskostensicherheit aufzunehmen, obwohl die Wiederanwendungserklärung wie die dort erstmals vorgesehene Beendigungsmöglichkeit belegt Raum für ergänzende Regelungen bot.

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