06.07.2017

Von Fluggesellschaften erhobene Stornierungsgebühren können auf Missbräuchlichkeit überprüft werden

Die Stornierungsgebühren, die Luftfahrtunternehmen verlangen, können auf Missbräuchlichkeit überprüft werden. Zudem sind die verschiedenen Bestandteile des an die Luftfahrtunternehmen zu zahlenden Endpreises gesondert auszuweisen.

EuGH 6.7.2017, C-290/16
Der Sachverhalt:
Das beklagte deutsche Luftfahrtunternehmen Air Berlin nahm in seine AGB eine Klausel auf, nach der, wenn ein Reiseteilnehmer eine Buchung für einen Flug im Spartarif storniert oder den Flug nicht antritt, von dem ihm zu erstattenden Betrag ein Bearbeitungsentgelt von 25 € einbehalten wird. Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen ist der Auffassung, dass diese Klausel nach deutschem Recht wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden unwirksam sei. Außerdem dürfe Air Berlin für die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung kein gesondertes Entgelt verlangen. Der Bundesverband erhob daher gegen Air Berlin eine Unterlassungsklage bei den deutschen Gerichten.

Im Rahmen dieser Klage geht der Bundesverband außerdem gegen die Praktiken von Air Berlin bei der Preisdarstellung auf ihrer Website vor. Bei einer Online-Probebuchung im Jahr 2010 stellte der Bundesverband nämlich fest, dass die ausgewiesenen Steuern und Gebühren viel niedriger waren als die tatsächlich an die betreffenden Flughäfen abzuführenden. Nach Ansicht des Bundesverbands kann diese Praxis die Verbraucher in die Irre führen und verstößt gegen die in der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 über die Durchführung von Luftverkehrsdiensten vorgesehenen Regeln über die Preistransparenz.

Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und den EuGH um Auslegung dieser Verordnung gebeten. Der BGH ist wie der Bundesverband der Meinung, dass die Klausel über die Bearbeitungsgebühr von 25 € bei stornierten Buchungen oder nicht angetretenen Flügen die Kunden unangemessen benachteilige und daher nach den Bestimmungen des deutschen Rechts zur Umsetzung der Unionsrichtlinie über missbräuchliche Klauseln (Richtlinie 93/13/EWG) unwirksam sei. Der BGH fragt sich jedoch, ob die den Luftfahrtunternehmen durch die Verordnung über die Durchführung von Luftverkehrsdiensten eingeräumte Preisfreiheit der Anwendung einer nationalen Regelung zur Umsetzung des Verbraucherschutzrechts der Union auf eine solche Klausel entgegensteht.

Die Gründe:
Die den Luftfahrtunternehmen durch die Verordnung über die Durchführung von Luftverkehrsdiensten eingeräumte Preisfreiheit steht dem nicht entgegen, dass die Anwendung einer nationalen Regelung zur Umsetzung der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln zur Nichtigerklärung einer Klausel in AGB führen kann, nach der von Kunden, die eine Buchung storniert oder einen Flug nicht angetreten haben, gesonderte pauschalierte Bearbeitungsentgelte erhoben werden können.

Die allgemeinen Vorschriften zum Schutz der Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln sind insoweit auch auf Luftbeförderungsverträge anwendbar. Hinsichtlich der Preistransparenz, wie sie nach der Verordnung über die Durchführung von Luftverkehrsdiensten verlangt wird, gilt, dass Luftfahrtunternehmen die von den Kunden für die Steuern, die Flughafengebühren und die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte geschuldeten Beträge bei der Veröffentlichung ihrer Flugpreise gesondert ausweisen müssen und sie daher nicht - auch nicht teilweise - in den Flugpreis einbeziehen dürfen.

Dem Kunden ist immer die Höhe der Beträge mitzuteilen, die im zu zahlenden Endpreis auf den Flugpreis, die Steuern, die Flughafengebühren und die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte als Bestandteile des Endpreises entfallen. Hätten die Luftfahrtunternehmen die Wahl, die entsprechenden Steuern, Gebühren, Zuschläge und Entgelte entweder in den Flugpreis einzubeziehen oder sie gesondert auszuweisen, würde das mit der Verordnung verfolgte Ziel der Information und Transparenz in Bezug auf die Preise nicht erreicht.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 75 vom 6.7.2017
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