12.01.2017

Vorabvergütungen der Osnabrücker Sonntagzeitung müssen nicht zurückgezahlt werden

Ein als stiller Gesellschafter an der insolventen Herausgeberin der Osnabrücker Sonntagszeitung beteiligter Anleger muss Vorabvergütungen der Herausgeberin auf seine Kapitalanlagen nicht an den Insolvenzverwalter zurückzahlen. Die geleisteten Vorabvergütungen schuldete die Herausgeberin dem Anleger aufgrund der mit ihm abgeschlossenen Verträge, nach denen der Beklagte mit einer Kapitaleinlage als stiller Gesellschafter an der Herausgeberin beteiligt war.

OLG Hamm 12.12.2016, 8 U 44/16
Der Sachverhalt:
Der klagende Rechtsanwalt ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Herausgeberin der "Osnabrücker Sonntagszeitung". Der Beklagte hatte sich in den Jahren 2001 und 2010 mit Einlagen i.H.v. insgesamt 60.000 € am Vermögen der Herausgeberin beteiligt. In den Jahren 2010 bis 2012 zahlte die Herausgeberin an ihn als Vorabvergütungen bezeichnete Beträge i.H.v. rd. 5.500 € nebst der hierauf anfallenden Abgeltungssteuer i.H.v. rd. 2.000 €.

Nach der im Jahre 2014 erfolgten Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Herausgeberin verlangt der Kläger die Erstattung dieser Beträge zur Insolvenzmasse. Er vertritt die Auffassung, es handle sich um nicht gerechtfertigte Gewinnvorauszahlungen, weil die Herausgeberin in den fraglichen Jahren Verluste und keine Gewinne erwirtschaftet habe. Diese Zahlungen seien unentgeltliche Leistungen und deswegen vom Beklagten als Anleger nach den Regeln der InsO zu erstatten.

Das LG gab der Klage statt. Auf die Berufung des Beklagten änderte das OLG das Urteil ab und wies die Klage ab. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Dem Kläger steht der geltend gemachte Erstattungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Nach den Regeln der InsO hat der Beklagte die erhaltenen Leistungen nicht zu erstatten. Er hat die Zahlungen nicht rechtsgrundlos und damit unentgeltlich bekommen. Die geleisteten Vorabvergütungen hat die Herausgeberin dem Beklagten vielmehr aufgrund der mit ihm abgeschlossenen Verträge, nach denen der Beklagte mit einer Kapitaleinlage als stiller Gesellschafter an der Herausgeberin beteiligt war, garantiert und damit geschuldet. Diese Verträge sind wirksam.

Aufgrund seiner Treuepflicht als Gesellschafter der Herausgeberin musste der Beklagte in den Jahren 2010 bis 2012 auch nicht - ausnahmsweise - davon absehen, seine Zahlungsansprüche geltend zu machen. Bei den erbrachten Zahlungen handelte es sich um von der Herausgeberin vertraglich garantierte Zinszahlungen, die nicht unter dem Vorbehalt einer Gewinnerzielung standen. Das ergibt die Auslegung der abgeschlossenen Verträge unter Berücksichtigung ihrer praktischen Handhabung durch die Vertragsparteien.

Vor diesem Hintergrund musste der Beklagte gegenüber der Herausgeberin nicht auf die Zahlungen verzichten, zumal sich diese ihm gegenüber auch treuwidrig verhalten hat, weil sie - nach der Darstellung des Klägers - in einer Art Schneeballsystem Zahlungen an stille Gesellschafter durch den Rückgriff auf Einlagen anderer stiller Gesellschafter finanziert hat, um den Anschein eines gesunden Unternehmens zu erzeugen. Zudem hat sie den Beklagten beim Abschluss weiterer Gesellschaftsverträge im Jahre 2010 nicht auf ihre Überschuldung hingewiesen.

Linkhinweis:

OLG Hamm PM vom 12.1.2017
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