11.07.2014

Voraussetzungen einer einstweiligen Einstellung der aus einem vorläufig vollstreckbaren Räumungsurteil betriebenen Zwangsvollstreckung in der Revisionsinstanz

Die Einstellung der aus einem vorläufig vollstreckbaren Herausgabe- und Räumungsurteil betriebenen Zwangsvollstreckung in der Revisionsinstanz kommt nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gem. § 712 ZPO zu stellen. Ein in der Berufung gem. §§ 719 Abs. 1 S. 1, 707 ZPO gestellter Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wirkt nicht über den Erlass des Berufungsurteils hinaus, so dass er nicht den erforderlichen Antrag nach § 712 ZPO ersetzen kann.

BGH 2.7.2014, XII ZR 65/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte an die Beklagten zu 1) und zu 2) Gewerberäumen zum Betrieb eines Restaurants vermietet, welche diese wiederum an die Beklagte zu 3) (deren geschäftsführender Alleingesellschafter der Beklagte zu 1) ist) untervermietet haben. Die Klägerin verlangte nach Kündigung die Räumung und Herausgabe der Gewerberäume.

Das LG hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt; das OLG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, die Revision zugelassen und den Beklagten nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 240.000 € vorläufig abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leiste. Die Klägerin hat die Sicherheit geleistet und betreibt die Zwangsvollstreckung. Der Gerichtsvollzieher hat die Räumung für den 3.7.2014 angekündigt.

Die Beklagten haben Revision eingelegt und beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil einstweilen einzustellen. Zur Begründung führten sie unter Bezugnahme auf ein Schreiben ihres Steuerberaters aus, ihnen würde durch die Vollstreckung ein nicht zu ersetzender Nachteil entstehen. Könnten sie das Restaurant nicht weiter betreiben, dann könnten sie zwei weitere von der Beklagten zu 3) betriebene defizitäre Lokale nicht weiter aus den Gewinnen des Restaurants finanziell unterstützen und müssten auch diese beiden Lokale schließen.

Der BGH hat den Antrag zurückgewiesen, da der Einstellungsantrag nicht begründet war.

Gründe:
Die Beklagten hatten im Berufungsverfahren lediglich einen Antrag nach §§ 719, 707 ZPO, nicht aber einen solchen gem. § 712 ZPO gestellt. Nach ständiger BGH-Rechtsprechung kommt eine Einstellung aber nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gem. § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher Antrag möglich und zumutbar gewesen wäre. Ein im Berufungsrechtszug gem. §§ 719 Abs. 1 S. 1, 707 ZPO gestellter Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gilt nur für diese Instanz und wirkt nicht über den Erlass des Berufungsurteils hinaus, so dass er nicht den erforderlichen Antrag nach § 712 ZPO ersetzen kann.

Dies war den Beklagten auch nicht aus besonderen Gründen unmöglich. Zwar hatten sie insoweit geltend gemacht, ein Vollstreckungsschutzantrag sei ihnen im Berufungsverfahren nicht zumutbar gewesen, weil sie zur Begründung Geschäftsinterna hätten offenbaren und befürchten müssen, dass diese einer breiten Öffentlichkeit bekannt würden. Woraus sich diese Gefahr ergeben sollte, ließ sich letztlich jedoch nicht erschließen. Nicht nachvollziehbar war vor allem die Besorgnis, es könnte zum Fernbleiben von Gästen in einem der drei Lokale führen, wenn bekannt würde, dass mit dem ertragreichen Betrieb des Restaurants die beiden anderen Lokale "bezuschusst" werden.

Auch die Fehleinschätzung der Beklagten, dass ihre Berufung erfolgreich sein würde, konnte das Absehen von einem Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO nicht rechtfertigen, weil eine solche Einschätzung grundsätzlich in den Risikobereich der Partei fällt. Das gilt selbst dann, wenn die Auffassung zu den Erfolgsaussichten auf eine vorläufige Einschätzung des Berufungsgerichts gestützt ist.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück