10.04.2017

Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung in den Empfang elektronischer Post zu Werbezwecken

Die ohne wirksame Einwilligung an eine geschäftliche E-Mail-Adresse versandte Werbe-E-Mail stellt einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Eine wirksame Einwilligung in den Empfang elektronischer Post zu Werbezwecken setzt u.a. voraus, dass der Adressat weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt, und dass klar ist, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst.

BGH 14.3.2017, VI ZR 721/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Handelsvertreter, die Beklagte betreibt einen Verlag. Die Beklagte hatte zwei Firmen damit beauftragt, Werbe-E-Mails mit Verlagsangeboten zu versenden. Für die E-Mail-Marketing-Kampagnen gibt es verbindliche Vorgaben der Beklagten. Der Kläger erhielt im März 2013 unter seiner geschäftlich genutzten E-Mailadresse über den E-Mail-Dienst GMX Werbe-E-Mails für (Print-)Produkte der Beklagten. Er mahnte die Beklagte daraufhin ab.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass sie keine entsprechende Unterlassungserklärung abgeben werde, weil er in die fragliche Werbung beim Herunterladen eines Free-Ware-Programmes eingewilligt habe. Er werde in die interne Liste gesperrter E-Mail-Adressen, die sog. interne "Robinson Liste", aufgenommen. Der Kläger widersprach jeglicher Erhebung und Speicherung seiner personenbezogenen Daten, auch für angebliche Sperrzwecke, soweit diese nicht auf Namen und Anschrift beschränkt seien. Insbesondere widersprach er der Erhebung und/oder Speicherung von jeglichen Mail-, Telefon- und Faxkontaktdaten, um eine Weitergabe dieser Daten an die Werbepartner zu verhindern.

Der Kläger nahm die Beklagte wegen der unerbetenen E-Mail-Werbung auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Das AG gab der Klage hinsichtlich des Unterlassungsantrages statt und sprach dem Kläger einen Teil der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Das LG wies die Klage insgesamt ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Gründe:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte gem. § 1004 Abs. 1 S. 2, § 823 Abs. 1, § 831 BGB ein Anspruch auf Unterlassung der Zusendung elektronischer Post mit werblichem Inhalt wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu, soweit nicht die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG erfüllt sind.

Das von der Beklagten veranlasste Zusenden der Werbe-E-Mails durch ihre Werbepartner stellte einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht des Klägers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Insofern kamen die Maßstäbe des § 7 UWG zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch im Rahmen der Prüfung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gem. § 823 Abs. 1 BGB zur Anwendung. Unverlangt zugesendete E-Mail-Werbung erfolgt betriebsbezogen und beeinträchtigt den Betriebsablauf im Unternehmen des Empfängers. Das Verwenden von E-Mails mit unerbetener Werbung, die der Empfänger jeweils einzeln sichten muss und bei denen ein Widerspruch erforderlich ist, um eine weitere Zusendung zu unterbinden, führt - wie hier - zu einer nicht unerheblichen Belästigung (vgl. BGH-Urt. v. 12.9.2013, Az.: I ZR 208/12, 20.5.2009, Az.: I ZR 218/07).

Die Werbe-E-Mails für die Printprodukte der Beklagten waren nicht durch eine vorherige Einwilligung des Klägers gedeckt. Eine wirksame Einwilligung in den Empfang elektronischer Post zu Werbezwecken setzt u.a. voraus, dass der Adressat weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt, und dass klar ist, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst. Eine vorformulierte Einwilligungserklärung ist nicht hinreichend konkret gefasst und erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Sie verstößt somit gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, das den AGB-Verwender verpflichtet, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen.

Einwilligung ist "jede Willensbekundung, die ohne Zwang für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt". Sie wird in Kenntnis der Sachlage erteilt, wenn der Verbraucher weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht. Die Einwilligung erfolgt für den konkreten Fall, wenn klar ist, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst. Dies gilt entsprechend für die Werbung mittels elektronischer Post, für die § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG ebenfalls eine "vorherige ausdrückliche Einwilligung" des Adressaten fordert. Diesen Anforderungen wurde die von der Beklagten behauptete Einwilligung nicht gerecht. Die Klausel enthielt eine (verdeckte) Generaleinwilligung, ohne dass dem Kunden dies in der gebotenen Klarheit verdeutlicht wurde.

Zu Unrecht war das LG zu dem Ergebnis gelangt, dass der Unterlassungsanspruch insgesamt aufgrund eines Rechtsmissbrauchs des Klägers gem. § 242 BGB scheitere, weil dieser durch das Verbot der Weitergabe seiner E-Mail-Adresse an die Werbepartner verhindere, dass er von diesen keine weiteren Werbe-E-Mails für Produkte der Beklagten jedenfalls unter der hier benannten E-Mail-Adresse erhalte. Eine etwaige Unmöglichkeit gem. § 275 BGB oder Unzumutbarkeit gemäß § 242 BGB scheidet von vornherein aus, wenn der Widerspruch des Klägers gegen die Weiterleitung seiner E-Mail-Adresse zu Sperrzwecken ganz oder teilweise unbeachtlich wäre, § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG. Danach ist das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke zulässig, soweit es zur Wahrung berechtiger Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt.

Dabei kann die Interessenabwägung grundsätzlich auch dann zugunsten der verantwortlichen Stelle ausfallen, wenn der Betroffene der Datenverarbeitung (ausdrücklich) widersprochen hat. Es ist ein berechtigtes Interesse der Beklagten, ihre sich aus dem bestehenden Unterlassungsanspruch ergebende Verpflichtung zur Folgenbeseitigung zu erfüllen. Daher erscheint es vorliegend nicht ausgeschlossen, dass eine zur Wahrung dieses berechtigten Interesses der Beklagten erforderliche und nach der gebotenen Interessenabwägung zulässige Maßnahme - die etwa in der einmaligen Weitergabe der Adresse nur zum Zwecke ihrer Löschung aus den von den Werbepartnern der Beklagten verwendeten Verzeichnissen liegen könnte - der Beklagten trotz des Widerspruchs des Klägers eine ausreichende Folgenbeseitigung ermöglicht. Dazu sind Feststellungen allerdings bislang nicht getroffen worden.

Linkhinweise:

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