14.07.2017

Vorläufiger Rechtsschutz: Verpflichtung zur Durchführung von Tierversuchen rechtmäßig

Der Präsident des EuG hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz von BASF Grenzach zu Triclosan, einem Konservierungsstoff für Kosmetika, zurückgewiesen. BASF Grenzach hat die Dringlichkeit der Aussetzung der Vollziehung der Entscheidung, mit der die ECHA sie zur Durchführung von Tierversuchen verpflichtet hat, nicht dargetan.

EuG 13.7.2017, T-125/17 R
Der Sachverhalt:
Die klagende deutsche Gesellschaft BASF Grenzach GmbH stellt das Bakterizid Triclosan her, das sie nach der REACH-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1907/2006) zum kosmetischen Gebrauch angemeldet hat. Wegen Bedenken hinsichtlich der Persistenz, der Bioakkumulation und der Toxizität des Produkts sowie hinsichtlich der endokrinen Disruptionen, die durch das Produkt hervorgerufen werden können, hat die beklagte Europäische Chemikalienagentur (ECHA) der Klägerin mit Entscheidung vom 19.9.2014 aufgegeben, Informationen zu übermitteln, damit Triclosan im Rahmen des fortlaufenden Aktionsplans der Gemeinschaft bewertet werden kann.

Hierzu muss die Klägerin insbesondere drei Studien durchführen: (1) Simulationstests des Endabbaus im Oberflächenwasser und in Meerwasser (Persistenztest), (2) eine Studie mit Ratten über die Entwicklungs- und Reproduktionsneurotoxizität wegen der Bedenken, die bei Triclosan hinsichtlich potenzieller endokriner Wirkungen bestehen (Rattentest), (3) einen Versuch mit Zebrabärblingen oder Medakas über die sexuelle Entwicklung von Fischen (Fischtest). Die Frist für die Übermittlung der Informationen war ursprünglich auf den 26.9.2016 festgesetzt worden. Die Verpflichtung der Klägerin zur Durchführung der drei Studien wurde von der Widerspruchskammer der Beklagten, bei der die Klägerin Widerspruch erhoben hatte, mit Entscheidung vom 19.12.2016 bestätigt. Die Frist zur Übermittlung der Informationen wurde jedoch bis zum 26.12.2018 verlängert.

Die Klägerin erhob beim EuG Klage, mit der sie im Wesentlichen die Nichtigerklärung der Entscheidung begehrt, mit der die Widerspruchskammer der Beklagten ihren Widerspruch zurückgewiesen hat. Die Klägerin stellte beim EuG ferner einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz. Sie begehrt insbesondere die Aussetzung der Vollziehung der Entscheidung der Widerspruchskammer der Beklagten hinsichtlich des Ratten-, des Fisch- und des Persistenztests.

Sie macht geltend, ihr könne ein schwerer, nicht wiedergutzumachender Schaden entstehen. Sie befinde sich in einem Dilemma. Komme sie der angefochtenen Entscheidung nach, laufe sie Gefahr, wegen Verstoßes gegen die Kosmetikverordnung, die Tierversuche für kosmetische Bestandteile grundsätzlich verbiete, zur Verantwortung gezogen zu werden, auch strafrechtlich. Außerdem bestehe die Gefahr, dass sie den gesamten europäischen Triclosan-Markt verliere. Denn die Kunden, die Triclosan in kosmetischen Mitteln verwendeten, würden durch die angefochtene Entscheidung veranlasst, dieses Bakterizid durch andere Bestandteile zu ersetzen.

Das EuG wies den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurück. Gegen die Entscheidung kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden.

Die Gründe:
Die Klägerin hat die Dringlichkeit der beantragten einstweiligen Anordnungen nicht dargetan.

Hinsichtlich der behaupteten Gefahr einer Haftung wegen Verstoßes gegen die Kosmetikverordnung ist festzustellen, dass die Klägerin nicht wegen eines anderen Unionsrechtsakts mit allgemeiner Geltung (hier der Kosmetikverordnung) zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn sie der individuell an sie gerichteten Entscheidung der Widerspruchskammer der Beklagten, nach der sie verpflichtet ist, Tierversuche durchzuführen, nachkommt. Die behauptete Gefahr ist insoweit rein hypothetischer Natur. Mit ihr ist nicht nachgewiesen, dass ein schwerer, nicht wiedergutzumachender Schaden unmittelbar bevorstünde.

Hinsichtlich des behaupteten Verlusts des gesamten europäischen Triclosan-Markts handelt es sich um einen finanziellen Schaden. Ein finanzieller Schaden ist jedoch - abgesehen von außergewöhnlichen Situationen - nicht als irreparabel anzusehen, da in der Regel ein Ersatz in Geld den Geschädigten wieder in die Lage versetzen kann, in der er sich zuvor befand. Wenn der geltend gemachte Schaden finanzieller Art ist, kann die beantragte einstweilige Anordnung nur gerechtfertigt sein, sofern erkennbar ist, dass der Antragsteller andernfalls in eine Lage geriete, die seine finanzielle Lebensfähigkeit vor dem Ergehen der abschließenden Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache bedrohen könnte, oder dass seine Marktanteile insbesondere im Hinblick auf den Zuschnitt und den Umsatz seines Unternehmens sowie ggf. die Merkmale des Konzerns, dem er angehört, wesentlich verändert würden.

Zu ihrem Zuschnitt, ihrem Umsatz, einer Zugehörigkeit zum BASF-Konzern und ggf. zu dessen Merkmalen hat die Klägerin aber überhaupt keine Angaben gemacht. Dasselbe gilt für die Bedeutung von Triclosan in ihrem Produktportfolio. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, welchen Anteil Triclosan an ihren Verkäufen in der Union und weltweit hat, und auch nicht den Umsatz beziffert, den sie mit Triclosan in der Union oder anderswo erzielt. BASF Grenzach hat daher nicht dargetan, welche Bedeutung der Verlust des europäischen Triclosan-Markts für das Unternehmen und ggf. für den Konzern, dem es angehört, hat.

Linkhinweis:

EuGH PM Nr. 79 vom 13.7.2017
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