08.09.2014

Vorleistungsklausel bei Kauf von Flugtickets wirksam

Fluggesellschaften dürfen in ihren AGB Klauseln verwenden, nach der der Preis für eine Flugreise sofort bei der Buchung in voller Höhe fällig wird. Die dem Flugreisenden drohenden Nachteile sind nicht so gravierend, dass sie in Anbetracht der berechtigten Interessen der Fluggesellschaften zu einem ungerechtfertigten Missverhältnis der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien führen würden.

OLG Frankfurt a.M. 4.9.2014, 16 U 15/14
Der Sachverhalt:
Die klagende Verbraucherschutzzentrale NRW geht in Deutschland gezielt gegen Fluggesellschaften mit Unterlassungsklagen vor, die Vorleistungsklauseln in ihren AGB verwenden. Vorliegend beantragte die Klägerin, dass die Beklagte, eine große deutsche Fluggesellschaft, in ihren AGB die Verwendung einer Klausel unterlässt, nach der der Preis für eine Flugreise sofort bei der Buchung in voller Höhe fällig wird.

Dabei handelt es sich um folgende Klausel: "Die Bezahlung ist bei Buchung in voller Höhe fällig. Da die Bezahlung bei Buchung in voller Höhe fällig ist, erfolgt die Belastung Ihrer Kreditkarte bzw. der Einzug des Flugpreises sofort." Die Klägerin sieht in der Klausel eine unzumutbare Belastung der Verbraucher, da ihnen entgegen der Wertung im BGB eine Vorleistungspflicht auferlegt und ein Zurückbehaltungsrecht genommen werde. Zudem werde ihnen das Insolvenzrisiko der Fluggesellschaft auferlegt und frühzeitig Liquidität entzogen.

Das LG gab der Unterlassungsklage statt und untersagte der beklagten Fluggesellschaft die Verwendung der Klausel. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten änderte das OLG das Urteil ab und wies die Klage ab. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision zum BGH wurde zugelassen.

Die Gründe:
Die Klausel ist nicht wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden der Beklagten unwirksam.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass der Kunde bei der Vorleistungspflicht bereits frühzeitig das Druckmittel des Zurückbehaltungsrechts verliere sowie mit dem Insolvenzrisiko der Fluggesellschaft belastet werde, sind diese Nachteile nicht so gravierend, dass sie in Anbetracht der berechtigten Interessen der Beklagten zu einem ungerechtfertigten Missverhältnis der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien führen. So hat der Verlust des Zurückbehaltungsrechts keine große praktische Bedeutung, zumal der Fluggast für den Fall von Verspätungen, Annullierungen und Nichtbeförderungen Rechte aus der europäischen Fluggastrechte-Verordnung (EG) Nr. 261/2004 hat.

Auch das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit der Fluggesellschaft erscheint beherrschbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es bei der Bewertung einer Vorleistungsklausel einen Unterschied macht, ob ein Kunde den Reisepreis an einen nicht staatlich überwachten Reiseveranstalter zahlen muss oder - wie hier - an ein Luftfahrtunternehmen, das über seine finanziellen Verhältnisse gegenüber einer staatlichen Behörde Rechenschaft ablegen muss und insoweit überwacht wird. Zudem kann sich der Kunde dadurch gegen das Insolvenzrisiko absichern, dass er für geringes Geld eine Fluginsolvenzversicherung abschließt.

Die verbleibenden Nachteile für die Kunden sind durch das überwiegende Interesse der Beklagten an einer sofortigen Bezahlung des Flugpreises bei Buchung gerechtfertigt. So sind Fluggesellschaften anders als andere Unternehmen in verstärktem Maße auf Planungssicherheit angewiesen, weil sie erhebliche Vorkehrungen für die Erbringung des Fluges treffen müssen. Die Vorleistungspflicht ist überdies weltweit allgemein üblich. Für die Beklagte geht es danach nicht nur um die "einfache" Unterlassung der Verwendung der Klausel. Folge wäre vielmehr, dass sie - mit für sie unabsehbaren Folgen - aus dem weltweit praktizierten Flugbuchungsverfahren der IATA ausscheiden müsste, einem System, das auch für den Verbraucher Vorteile bietet.

OLG Frankfurt a.M. PM vom 5.9.2014
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