Vorteil Becker: Veröffentlichung von Bildsequenzen aus Fernsehsendung von Oliver Pocher untersagt
OLG Karlsruhe v. 28.11.2023 - 14 U 620/22
Der Sachverhalt:
Anlass der zivilrechtlichen Streitigkeit zwischen dem Kläger, Boris Becker, und dem beklagten Oliver Pocher ist ein am 29.10.2020 ausgestrahlter etwa 15-minütiger Beitrag in der vom Beklagten moderierten RTL-Fernsehsendung "Pocher - gefährlich ehrlich". In dem Beitrag wird dem Kläger ein "Fake"-Modepreis ("Fashion Brand Award") einer frei erfundenen Zeitschrift für eine vom Kläger betriebene Modelinie verliehen.
Der Kläger sieht durch die Verwendung der durch Täuschung erlangten Videoaufnahmen sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Er nimmt den Beklagten auf Unterlassung der Verbreitung sowie auf Löschung der aufgezeichneten Film- und Bildaufnahmen in Anspruch.
Das LG wies die Klage ab. Im konkreten Fall genieße die Meinungs- und Rundfunkfreiheit, auf die sich der Beklagte berufen könne, gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers Vorrang. Auf die Berufung des Klägers gab das OLG der Klage statt. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist dennoch noch nicht rechtskräftig. Binnen eines Monats kann beim BGH Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt werden.
Die Gründe:
Dem Beklagten wird untersagt, die strittigen Bildsequenzen weiterhin zu verbreiten. Außerdem muss er die Bildsequenzen löschen, soweit sie im Rahmen seiner eigenen Internetpräsenz veröffentlicht sind.
Es lag keine wirksame Einwilligung des Klägers zur Verwendung der angefertigten Bildsequenzen vor, da der Kläger vom Beklagten bewusst über den Zweck der Aufnahmen getäuscht wurde. Während dem Kläger vorgespiegelt wurde, einen ernst gemeinten, echten Preis für sein Modelabel zu erhalten, bestand der tatsächliche Zweck darin vorzuführen, wie der Kläger ohne sein Wissen zur Annahme einer in die Trophäe eingearbeiteten "Spendensumme" veranlasst wird. Eine Verwendung der Bildsequenzen ohne Einwilligung des Klägers wäre nur dann gerechtfertigt, wenn die strittigen Aufnahmen dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen wären. Dies ist, nach einer Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers und der Meinungs- und Rundfunkfreiheit des Beklagten, jedoch nicht anzunehmen.
Zwar war bei Ausstrahlung der Sendung aufgrund des Insolvenzverfahrens und der Berichte über die strafrechtlichen Ermittlungen das öffentliche Interesse an der persönlichen und wirtschaftlichen Situation des Klägers erheblich. Dieses Informationsinteresse führte aber nicht dazu, dass der Kläger jede Form der Verwendung seines Bildes - gleich, auf welche Weise es gewonnen wurde - hinnehmen musste. Die Herstellung und Präsentation der Bildsequenzen war durch die breit vom Beklagten in den Vordergrund gestellte Täuschung des Klägers geprägt. Der Kläger wurde durch die Täuschung zu einem Objekt degradiert und zugleich dahingehend manipuliert, aktiv daran mitzuwirken, seine eigene Person ins Lächerliche zu ziehen. Da sich der Sendungsinhalt zudem nur ganz am Rande mit der Insolvenz und ihrer Folgen für den Kläger befasste, muss dem Persönlichkeitsrecht des Klägers der Vorrang eingeräumt werden.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung (Vorinstanz):
Urteil
LG Offenburg vom 15.11.2022 - 2 O 20/21
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OLG Karlsruhe PM Nr. 19 vom 28.11.2023
Anlass der zivilrechtlichen Streitigkeit zwischen dem Kläger, Boris Becker, und dem beklagten Oliver Pocher ist ein am 29.10.2020 ausgestrahlter etwa 15-minütiger Beitrag in der vom Beklagten moderierten RTL-Fernsehsendung "Pocher - gefährlich ehrlich". In dem Beitrag wird dem Kläger ein "Fake"-Modepreis ("Fashion Brand Award") einer frei erfundenen Zeitschrift für eine vom Kläger betriebene Modelinie verliehen.
Der Kläger sieht durch die Verwendung der durch Täuschung erlangten Videoaufnahmen sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Er nimmt den Beklagten auf Unterlassung der Verbreitung sowie auf Löschung der aufgezeichneten Film- und Bildaufnahmen in Anspruch.
Das LG wies die Klage ab. Im konkreten Fall genieße die Meinungs- und Rundfunkfreiheit, auf die sich der Beklagte berufen könne, gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers Vorrang. Auf die Berufung des Klägers gab das OLG der Klage statt. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist dennoch noch nicht rechtskräftig. Binnen eines Monats kann beim BGH Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt werden.
Die Gründe:
Dem Beklagten wird untersagt, die strittigen Bildsequenzen weiterhin zu verbreiten. Außerdem muss er die Bildsequenzen löschen, soweit sie im Rahmen seiner eigenen Internetpräsenz veröffentlicht sind.
Es lag keine wirksame Einwilligung des Klägers zur Verwendung der angefertigten Bildsequenzen vor, da der Kläger vom Beklagten bewusst über den Zweck der Aufnahmen getäuscht wurde. Während dem Kläger vorgespiegelt wurde, einen ernst gemeinten, echten Preis für sein Modelabel zu erhalten, bestand der tatsächliche Zweck darin vorzuführen, wie der Kläger ohne sein Wissen zur Annahme einer in die Trophäe eingearbeiteten "Spendensumme" veranlasst wird. Eine Verwendung der Bildsequenzen ohne Einwilligung des Klägers wäre nur dann gerechtfertigt, wenn die strittigen Aufnahmen dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen wären. Dies ist, nach einer Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers und der Meinungs- und Rundfunkfreiheit des Beklagten, jedoch nicht anzunehmen.
Zwar war bei Ausstrahlung der Sendung aufgrund des Insolvenzverfahrens und der Berichte über die strafrechtlichen Ermittlungen das öffentliche Interesse an der persönlichen und wirtschaftlichen Situation des Klägers erheblich. Dieses Informationsinteresse führte aber nicht dazu, dass der Kläger jede Form der Verwendung seines Bildes - gleich, auf welche Weise es gewonnen wurde - hinnehmen musste. Die Herstellung und Präsentation der Bildsequenzen war durch die breit vom Beklagten in den Vordergrund gestellte Täuschung des Klägers geprägt. Der Kläger wurde durch die Täuschung zu einem Objekt degradiert und zugleich dahingehend manipuliert, aktiv daran mitzuwirken, seine eigene Person ins Lächerliche zu ziehen. Da sich der Sendungsinhalt zudem nur ganz am Rande mit der Insolvenz und ihrer Folgen für den Kläger befasste, muss dem Persönlichkeitsrecht des Klägers der Vorrang eingeräumt werden.
Rechtsprechung (Vorinstanz):
Urteil
LG Offenburg vom 15.11.2022 - 2 O 20/21
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