26.06.2019

VW-Beetle: Erbin eines an der Entwicklung des Ur-Käfers beteiligten Konstrukteurs hat keinen urheberrechtlichen Anspruch gegen VW

Die Erbin eines als Konstrukteur an der Entwicklung des ersten VW Käfers beteiligten Angestellten hat keinen Anspruch auf weitere Vergütung nach § 32a UrhG. Der erst 2002 in das Gesetz aufgenommenen § 32a UrhG ist aber grundsätzlich auch auf Werke aus den 1930er Jahren anwendbar.

LG Braunschweig v. 19.6.2019 - 9 O 3006/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Erbin eines als Konstrukteur an der Entwicklung des ersten VW Käfers beteiligten Angestellten. Die Klägerin macht gegenüber der beklagten Volkswagen AG geltend, dass ihr Vater (der 1966 verstorbene Österreicher Erwin Franz Komenda), der ab 1931 bei Porsche gearbeitet hat, der Schöpfer des Ur-Käfers sei und sich sein Werk heute noch in dem VW-Beetle fortsetze. Ihr stehe daher wegen des großen Verkaufserfolges eine weitere Vergütung nach § 32a UrhG (Fairnessausgleich) zu. Aus Verjährungsgründen hat die Klägerin die Klage zuletzt auf die ab 2014 gebauten Fahrzeuge beschränkt.

Die Beklagte hat u.a. die Urheber-/Miturheberschaft des Vaters in Abrede gestellt. Sie ist der Ansicht, dass der Ur-Käfer keinen Urheberschutz genieße, da dessen Gestaltung technisch bedingt gewesen sei und auf bekannten Vorbildern aufbaue. Ferner sei die Vorschrift des § 32a UrhG nicht auf Altverträge (d.h. vor Inkrafttreten des UrhG im Jahr 1966) anwendbar.

Das LG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine weitere Vergütung nach § 32a UrhG.

Der erst 2002 in das Gesetz aufgenommenen § 32a UrhG ist zwar grundsätzlich auch auf Werke aus den 1930er Jahren anwendbar. Die Vorschrift gilt auch für Angestellte, die im Rahmen ihres Arbeitsvertrages Werke schaffen. Allerdings stellen die zwei vorgelegten Zeichnungen aus dem Jahre 1934, die nach Auffassung der Klägerin von ihrem Vater stammen, kein nach dem Urheberrecht schutzfähiges Werk dar. Unter Beachtung der damals maßgeblichen strengen Prüfungsmaßstäbe für angewandte Kunst ist die Urheberrechtsfähigkeit der Zeichnungen des Ur-Käfers als Werk der angewandten Kunst zu verneinen.

Hierbei war insbesondere zu berücksichtigen, dass es zur Zeit der Anfertigung der Zeichnungen bereits zahlreiche Entwürfe gab, die das Konzept des Fahrzeuges mit Heckmotor in stromlinienförmiger Karosse mit herabgezogener Fronthaube und dem in die herabgezogene Motorhaube übergehenden Heck vorweggenommen hatten (Tatra V570, Mercedes Typ 130). Zudem hat die Klägerin auch nicht nachweisen können, dass ihr Vater an dem Entwurf in dem früher von Ferdinand Porsche überreichten Exposé für einen Volkswagen (KdF-Wagen) beteiligt gewesen ist.

Bei der Überprüfung, ob bei unterstellter Schutzfähigkeit der Zeichnungen und des Ur-Käfers der ab 2014 gebaute VW-Beetle eine Bearbeitung (§ 23 UrhG) oder eine freie Benutzung (§ 24 UrhG) dieser aus den 1930er Jahren stammenden Modelle darstellt, ist das LG zu dem Ergebnis gelangt, dass wegen der erheblichen Unterschiede in dem Design kein übereinstimmender Gesamteindruck vorliegt, so dass von einer zulässigen freien Benutzung auszugehen ist.
LG Braunschweig PM vom 19.6.2019
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