27.11.2018

Wann liegt der für die Erschöpfung des Rechts an Marken erforderliche konkrete Produktbezug vor?

Verwendet ein Wiederverkäufer eine Mehrzahl von Marken auf dem Versandkarton, in dem sich Produkte befinden, die nicht mit einer dieser Marken gekennzeichnet sind, so liegt der für die Erschöpfung des Rechts an diesen Marken erforderliche konkrete Produktbezug vor, wenn der Verkehr angesichts des Versandkartons annimmt, der Wiederverkäufer vertreibe Produkte aller dort genannten Marken, sofern dies tatsächlich der Fall ist.

BGH 28.6.2018, I ZR 221/16
Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist Lizenznehmerin der für Parfümerien eingetragenen Gemeinschaftswortmarken "JOOP!" und "DAVIDOFF". Sie ist von den Markeninhabern ermächtigt, Ansprüche wegen Verletzungen dieser Marken im eigenen Namen geltend zu machen. Die Beklagte vertreibt über ihren Onlineshop Parfüms und Kosmetikprodukte, darunter mit den Klagemarken gekennzeichnete Originalware. Die Beklagte ist keine autorisierte Händlerin der Markeninhaberin. Sie hatte im September 2014 an einen Käufer bestellte Ware in einem Karton verschickt, auf dem neben anderen Marken auch die Klagemarken aufgedruckt waren. Auf dem Karton war außerdem der Werbespruch "beauty for less" aufgedruckt.

Die Klägerin sieht die Verwendung der Klagemarken auf den Versandkartons als markenverletzend an, weil deren Verwendung in einer deren Image als Luxusmarken nicht entsprechenden Weise erfolge. Nach erfolgloser Abmahnung verlangte die Klägerin gerichtlich, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, in der EU Parfüms und Kosmetikprodukte in Kartons zu versenden, die auf der Innen- oder Außenseite mit den Zeichen "JOOP!" oder "DAVIDOFF" bedruckt sind, wenn dies wie aus fünf im Klageantrag wiedergegebenen Abbildungen der Kartons ersichtlich geschieht, von denen nachfolgend eine Abbildung exemplarisch eingefügt ist.

Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

Gründe:

Der Klägerin stehen keine Ansprüche gem. Art. 9 Abs. 1 S. 2 a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke (GMV) bzw. Art. 9 Abs. 2 a der Verordnung (EU) 2017/1001 über die Unionsmarke (UMV) zu. Die Rechte der Klägerin, die Benutzung der streitgegenständlichen Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu untersagen, sind auf der Grundlage der Art. 13 GMV, Art. 15 UMV erschöpft.

Verwendet ein Wiederverkäufer eine Mehrzahl von Marken auf dem Versandkarton, in dem sich Produkte befinden, die nicht mit einer dieser Marken gekennzeichnet sind, so liegt der für die Erschöpfung des Rechts an diesen Marken erforderliche konkrete Produktbezug vor, wenn der Verkehr angesichts des Versandkartons annimmt, der Wiederverkäufer vertreibe Produkte aller dort genannten Marken, sofern dies tatsächlich der Fall ist. Ein Unternehmen, das sich auf den Wiederverkauf von Waren fremder Marken spezialisiert hat, kann den Verkehr über seine - unter Umständen eine Vielzahl von Marken betreffende - Geschäftstätigkeit nur ausreichend in Kenntnis setzen, wenn es die Marken der von ihm vertriebenen Produkte auch in einer Werbung verwenden darf, die sämtliche Waren betrifft.

Auf das Kriterium der Unüblichkeit der Werbung und die von der Revision aufgeworfene Frage, welche Partei hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt, kam es hier nicht an. Für das einer Erschöpfung des Markenrechts entgegenstehende berechtigte Interesse des Markeninhabers, sich der Werbung eines Wiederverkäufers zu widersetzen, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Form dieser Werbung in der Branche des Wiederverkäufers unüblich ist. Zu prüfen ist vielmehr, ob die konkrete Werbung die Herkunfts- oder Garantiefunktion der Marke berührt, ihre Unterscheidungskraft ausnutzt oder ihren Ruf beeinträchtigt. Die Vorinstanzen waren rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die konkrete Gestaltung des Versandkartons die Herkunftsfunktion der Marken JOOP! und DAVIDOFF nicht beeinträchtigt.

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