09.06.2015

Weisungswidrige Kontaktaufnahme über Facebook: Strafaussetzung zur Bewährung zu Recht widerrufen

Ein unter Bewährung stehender Verurteilter kann mit Facebook-Einträgen so gegen ein ihm auferlegtes Kontaktaufnahmeverbot verstoßen, dass der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung gerechtfertigt ist. Eine Vielzahl von Facebook-Einträgen mit beleidigendem Inhalt stellen einen gröblichen und beharrlichen Weisungsverstoß dar.

OLG Hamm 7.5.2015, 3 Ws 168/15
Der Sachverhalt:
Gegen den 1979 geborenen Verurteilten verhängte das LG Bielefeld 2009 wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren und neun Monaten. Der Verurteilte hatte seiner damaligen Ehefrau im Juni 2008 aus Verärgerung und in der irrigen Vorstellung, diese würde ihn betrügen, mit einem Messer schwere Stichverletzungen beigebracht, um diese zu töten.

2014 wurde der Strafrest nach der Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Für die Dauer der vierjährigen Bewährungszeit erhielt der Verurteilte die Weisung, es zu unterlassen, Kontakt zur Geschädigten direkt oder indirekt in jeglicher Form, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen.

In der Folgezeit postete der Verurteilte verschiedene Nachrichten auf seiner Facebook-Seite, u.a. unter Verwendung eines von ihm der Geschädigten gegebenen Spitznamens Beschimpfungen wie "du bist ein Schwein wie deine kinde. Du bist die groß Hure von babelon", zudem Affenfotos mit der Überschreibung "du bist ein Affe", verbunden mit dem Vornamen der Geschädigten und unter Nennung eines Namens der Schwester der Geschädigten "sag zu deiner Schwester: Du bist geistig beeinträchtig und lässt dich schnell von anderen Leuten um den Finger wickeln".

Das LG widerrief daraufhin die Aussetzung der Strafe zur Bewährung. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Der Beschluss ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Das LG hat die Strafaussetzung zur Bewährung des Verurteilten zu Recht widerrufen. Der Verurteilte hat gröblich und beharrlich gegen ihm erteilte Weisungen verstoßen und Anlass zu der Besorgnis gegeben, dass er erneut Straftaten begehen wird.

Die ihm erteilte Weisung, jegliche direkte oder indirekte Kontaktaufnahme zur Geschädigten zu unterlassen, hat der Verurteilte mehrfach missachtet. Über die Einträge auf seiner Facebook-Seite hat er wiederholt direkt oder - indirekt - über die Schwester Kontakt zur Geschädigten aufgenommen. Dabei war ihm bewusst, dass zumindest Verwandte und Bekannte der Geschädigten die Einträge lesen und sie der Geschädigten übermitteln werden. Darauf kam es ihm gerade an.

Auch wusste er, dass die Geschädigte durch einen Bekannten selbst auf seine Facebook-Seite zugreifen kann. Dass sich die Geschädigte mit Hilfe Dritter Zugang zu seiner Facebook-Seite verschafft hat, entlastet den Verurteilten nicht, nachdem er die Facebook-Einträge seiner Seite öffentlich verwendet und sie damit einem durch ihn nicht näher bestimmbaren Personenkreis zugänglich gemacht hat.

Die Vielzahl und der beleidigende Inhalt der Facebook-Einträge stellen einen gröblichen und beharrlichen Weisungsverstoß dar. Dieser gibt Anlass zu der Besorgnis, dass der Verurteilte erneut Straftaten - zumindest Beleidigungs- und Bedrohungsdelikte - begehen wird. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass der Verurteilte der Geschädigten gegenüber erneut gewalttätig wird. Der der ersten Gewalttat zugrunde liegende Partnerschaftskonflikt ist erkennbar noch nicht aufgearbeitet.

Linkhinweis:

OLG Hamm PM vom 9.6.2015
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