18.10.2012

Werbung mit Gewinnen bei anschließender Verpflichtung der Übernahme bestimmter Kosten unzulässig

Aggressive Praktiken von Gewerbetreibenden, mit denen dem Verbraucher der fälschliche Eindruck vermittelt wird, er habe bereits einen Preis gewonnen, obwohl er für dessen Entgegennahme bestimmte Kosten übernehmen muss, sind verboten. Das Verbot derartiger Praktiken gilt auch dann, wenn die dem Verbraucher auferlegten Kosten im Verhältnis zum Wert des Preises geringfügig sind oder dem Gewerbetreibenden keinerlei Vorteil bringen.

EuGH 18.10.2012, C-428/11
Der Sachverhalt:
Das Office of Fair Trading (OFT) ist die britische Wettbewerbsbehörde, die für die Durchsetzung von Verbraucherschutzregelungen im Vereinigten Königreich zuständig ist. Das OFT gab fünf auf den Versand von Werbung spezialisierten Unternehmen auf, ihre Praktiken einzustellen, die darin bestanden, den Verbraucher durch individuelle Briefe, Rubbelkarten und andere Werbebeilagen, die Zeitungen und Zeitschriften beigefügt wurden, zu informieren, dass er einen Preis gewonnen habe oder auf ihn ein Gewinn entfallen sei, die von beträchtlichem oder auch nur symbolischem Wert sein konnten.

Der Verbraucher konnte zwischen mehreren Vorgehensweisen wählen, um herauszufinden, was er gewonnen hatte, und um eine Gewinnnummer zu erhalten: Er musste entweder eine Mehrwertnummer anrufen, oder sich eines Mehrwert-SMS-Dienstes bedienen, oder sich für den normalen Postweg entscheiden (diese letztgenannte Vorgehensweise wurde weniger herausgestellt). Dem Verbraucher wurden die Kosten pro Minute und die maximale Dauer des Anrufs mitgeteilt, aber er erfuhr nicht, dass die Werbefirma einen bestimmten Betrag von den Anrufkosten bekam.

Einige Werbesendungen betrafen Mittelmeerkreuzfahrten. Um diesen Preis in Anspruch zu nehmen, musste der Verbraucher u.a. Versicherung, Zuschlag für Einbett- oder Zweibettkabine, Verpflegung sowie Hafengebühren bezahlen. So hätten zwei Paare für die Teilnahme an dieser Kreuzfahrt 399 GBP pro Person aufwenden müssen. Den Gewerbetreibenden geht es um aktuelle Datenbestände der Teilnehmer, die durch Werbung mit der Ausschreibung von Preisen angesprochen werden können, da diese Daten dazu verwendet werden könnten, den Verbrauchern andere einschlägige Produkte anzubieten, oder an andere Unternehmen veräußert werden könnten, die daran interessiert seien, ihre Produkte anzubieten.

Die Vorlage an den EuGH betrifft die Frage, ob solche Praktiken mit dem Unionsrecht vereinbar sind, und insbes., ob die Gewerbetreibenden einem Verbraucher, dem mitgeteilt wurde, dass er einen Preis gewonnen habe, Kosten, selbst wenn sie geringfügig sind, auferlegen dürfen.

Die Gründe:
Die EU-Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern will die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher schützen, indem es unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern verbietet. Insbes. verbietet das Unionsrecht in diesem Zusammenhang aggressive Praktiken, mit denen dem Verbraucher der Eindruck vermittelt wird, er habe bereits einen Preis gewonnen, obwohl er einen Betrag zahlen und Kosten übernehmen muss, um Informationen über die Natur des Preises zu erhalten bzw. um Handlungen für seine Inanspruchnahme vorzunehmen.

Ein derartiges Vorgehen ist selbst dann verboten, wenn die dem Verbraucher auferlegten Kosten im Verhältnis zum Wert des Preises geringfügig sind (wie etwa die Kosten einer Briefmarke) oder dem Gewerbetreibenden keinerlei Vorteil bringen. Darüber hinaus sind solche aggressiven Praktiken auch dann verboten, wenn dem Verbraucher für die Inanspruchnahme des Preises verschiedene Vorgehensweisen angeboten werden, selbst wenn eine von ihnen gratis ist. Letztlich ist es Sache der nationalen Gerichte, die Informationen, die den Verbrauchern, auf die diese Praktiken abzielen, mitgeteilt werden, unter Berücksichtigung ihrer Klarheit und Verständlichkeit zu beurteilen.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 133 vom 18.10.2012
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