09.12.2019

Werbung von Basiskunden für Premiumkunden bei Jameda ist unzulässig

Zwar erfüllt das Ärztebewertungsportal "Jameda" eine von der Rechtsordnung grundsätzlich gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion als Informationsmittler. Eine unzulässige Gewährung "verdeckter Vorteile" ist allerdings dann gegeben, wenn die ohne ihre Einwilligung aufgenommenen Basiskunden auf dem Portal als "Werbeplattform" für Premiumkunden benutzt und letzteren durch die Darstellung ein Vorteil gewährt wird, der für die Nutzer nicht erkennbar ist.

LG München I 6.12.2019, 25 O 13978/18 u.a.
Der Sachverhalt:
Die drei Kläger sind Ärzte. Sie waren von dem beklagten Online-Bewertungsportal "Jameda" in deren Webseite aufgenommen worden und konnten dort unter Angabe ihres Namens gefunden werden. Sie erhielten ein sog. "Basis-Profil". Das Bewertungsportal bietet zudem gegen Entgelt Premium-Accounts an, sog. "Premium-" oder "Platinkunden". Die Beklagte veröffentlicht auf den Profilen der Basiskunden sog. "Expertenratgeber-Artikel" zahlender Konkurrenten unter Verlinkung des jeweiligen Profils, während zumindest auf den Profilen von Platin-Kunden keine Artikel anderer Ärzte angezeigt werden.

Die Kläger haben die Beklagte zur Löschung der ohne ihr Einverständnis angelegten Profile aufgefordert. Das LG hat der Klage weitestgehend stattgegeben. Die Urteile (25 O 13978/18, 25 O 13979/18 und 25 O 13980/18) sind allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Kläger haben einen Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB analog i.V.m. Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO auf Löschung der ohne Einwilligung eingerichteten Profile bzw. auf Unterlassung der konkreten Verletzungsformen.

Die Ausgestaltung des vorliegenden Ärztebewertungsportals ist teilweise unzulässig. Denn mit ihr verlässt die Beklagte die eigentlich zulässige Rolle des "neutralen Informationsmittlers" und gewährt den an die Plattform zahlenden Ärzten auf unzulässige Weise einen "verdeckten Vorteil". Die Beklagte veröffentlicht auf den Profilen der Basiskunden sog. "Expertenratgeber-Artikel" zahlender Konkurrenten unter Verlinkung des jeweiligen Profils, während zumindest auf den Profilen von Platin-Kunden keine Artikel anderer Ärzte angezeigt werden. Diese Fachartikel sind inhaltlich geeignet, das Interesse eines potentiellen Patienten von den Basiskunden weg, hin zu den Verfassern der Fachartikel, die zahlenden Kunden von Jameda sind, zu lenken. Schließlich erweckt der Umstand, dass sie als "Experten" einen Artikel veröffentlicht haben, den Anschein besonderer Kompetenz im Vergleich zu den Basiskunden.

Zwar erfüllt das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung grundsätzlich gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion, solange die Stellung als "neutraler Informationsmittler" gewahrt wird und zahlenden Kunden keine "verdeckten Vorteile" gegenüber den nicht zahlenden Basiskunden verschafft wird. Eine Gewährung "verdeckter Vorteile" ist etwa dann gegeben, wenn die ohne ihre Einwilligung aufgenommenen Basiskunden auf dem Portal als "Werbeplattform" für Premiumkunden benutzt und letzteren durch die Darstellung ein Vorteil gewährt wird, der für die Nutzer nicht erkennbar ist. In solchen Fällen müssten Ärzte nicht hinnehmen, ohne ihre Einwilligung als Basiskunden aufgeführt zu werden. Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht auf das sog. Medienprivileg der Datenschutzgrundverordnung (Art. 85 Abs. 2 DSGVO) stützen, da sie nämlich keine Datenverarbeitung zu "journalistischen Zwecken" vornimmt.

Andere Funktionen des Portals, wie etwa die Möglichkeit von Premiumkunden, auf dem Profil in größerem Umfang die angebotenen ärztlichen Leistungen anzugeben als bei Basiskunden, sind hingegen nicht zu beanstanden.
 
justiz.bayern.de
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