22.03.2021

Werden Möbelhersteller durch AGB eines Möbelhandel-Einkaufsverbunds unangemessen benachteiligt?

Für den Fall, dass die Voraussetzungen eines Fixgeschäfts auf der Grundlage einer individualvertraglichen Abrede nicht vorliegen, hat der BGH zwar bereits entschieden, dass eine Formularbestimmung, die der Vereinbarung gleichwohl den Charakter eines Fixhandelskaufs beilegt, grundsätzlich als sowohl überraschend als auch unangemessen anzusehen ist. Er hat jedoch ausdrücklich offengelassen, ob diese Wertung eine andere ist, wenn Fixgeschäfte in der betreffenden Branche üblicherweise vorkommen.

OLG Bamberg v. 5.3.2021, 3 U 68/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein e.V. zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Seine Mitglieder sind u.a. Industrie- und Handelskammern sowie die meisten Handwerkskammern. Deren Mitglieder wiederum sind zahlreiche Unternehmen, die Möbel fertigen und liefern. Die Beklagte wirkt an der Lieferung oder Bestellung von Möbeln in der Weise mit, dass die Lieferverträge im Rahmen des Einkaufsverbands auf der Käuferseite stets von der Beklagten zusammen mit einem ihrer Mitgliedsunternehmen abgeschlossen werden, wobei beide gemeinsam als "Käufergesellschaften" bezeichnet werden. Sie hat in mindestens 330 Fällen gegenüber Möbelherstellern einen "Liefer- und Konditionsvertrag Möbel" (LKM) zur Grundlage der Vertragsverhandlungen gemacht. Hierin heißt es u.a.:

Nr. 5 Lieferzeit
Die garantierte Lieferzeit wird mit [Anm.: Lücke für Freitext] Arbeitstagen ab Bestelldatum festgelegt. Ausdrücklich festgehalten wird, dass eine Woche aus 5 Arbeitstagen besteht.

Bei Überschreitung der vertraglich vereinbarten Lieferzeit, einschließlich einer Nachfrist von 5 Arbeitstagen, wird nachstehend pauschalierter Schadenersatz geltend gemacht, der nach dem Parteiwillen nicht dem richterlichen Mäßigungsgebot unterliegt.

In den Anlagen zum LKM finden sich u.a. die Einkaufsbedingungen der Beklagten (EKB). Dort ist die nachfolgende Klausel enthalten:

2. Lieferzeit/Liefermenge
Die im Konditionsblatt vereinbarte Lieferzeit ist garantiert. Jede Bestellung der Käufergesellschaften ist durch eine Auftragsbestätigung mit Bekanntgabe der Anlieferwoche zu erwidern. Einseitige Änderungen wie z. B. von der Bestellung abweichende Auftragsbestätigungen sind ungültig.

Regelung zu Teillieferungen ...
Die Käufergesellschaften sind jederzeit und formlos berechtigt, von den erteilten Bestellungen zurückzutreten, wenn die vereinbarte Lieferzeit bei Werbeware um mehr als drei Arbeitstage, bei sonstiger Ware um mehr als zehn Arbeitstage überschritten werden.


Der Kläger nahm die Beklagte darauf in Anspruch, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit Unternehmern und im Zusammenhang mit der Bestellung oder Lieferung von Möbeln die zwei vorformulierten Vertragsklauseln zu verwenden. Die Beklagte hat vorgetragen, die Klauseln seien keinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern mit den Lieferanten jeweils individuell vereinbart. Zudem seien sie zuvor auf Verbandsebene ausgehandelt worden.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten war vor dem OLG teilweise erfolgreich.

Die Gründe:
Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Unterlassung der weiteren Verwendung der Klausel Nr. 5 LKM wendet. Das LG hat frei von Rechtsfehlern festgestellt, dass es sich bei der Klausel Nr. 5 LKM um eine AGB handelt, welche die Beklagte i.S.d. § 1 UKlaG verwendet hat. Es hat dabei weder einen fehlerhaften rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt noch die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast falsch beurteilt.

Die bloße "innere" Bereitschaft zum Aushandeln von Klauseln, gleichsam als eine nicht ausdrücklich offengelegte Mentalreservation, genügt nicht, um ein "Aushandeln" annehmen zu können. Darauf, dass die Beklagte die Einbeziehung der Klauseln in den Vertrag nie "verlangt" habe, kommt es nicht an. Die Beklagte hat die streitgegenständlichen Klauseln zudem in Hunderten von Fällen zum Gegenstand von Vertragsverhandlungen gemacht. Dies genügt, um sie als "Verwenderin" i.S.d. § 1 UKlaG in Anspruch zu nehmen. Darauf, dass nicht sämtliche Verträge nicht in Deutschland geschlossen wurden, kommt es ebenfalls nicht an. Infolgedessen ist die Klausel Nr. 5 LKM gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Zu Unrecht ist das LG jedoch zu der Auffassung gelangt, auch die Klausel Nr. 2 EKB sei unwirksam. Im Ausgangspunkt noch zutreffend hat es noch angenommen, durch die Klausel Nr. 2 EKB werde ein Fixgeschäft begründet. Dies führt indes noch nicht ohne Weiteres zur Unwirksamkeit der fraglichen Klausel. Zwar hat der BGH für den Fall, dass die Voraussetzungen eines Fixgeschäfts auf der Grundlage der individualvertraglichen Abrede nicht vorliegen, bereits entschieden, dass eine Formularbestimmung, die der Vereinbarung gleichwohl den Charakter eines Fixhandelskaufs beilegt, grundsätzlich als sowohl überraschend als auch unangemessen anzusehen ist.

Dieser Rechtsprechung ist ein Teil der Lehre gefolgt, der entsprechende Vertragsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ebenfalls per se für unwirksam hält. Über die vom BGH ausgeführten Erwägungen hinaus wird die Unwirksamkeit einer solchen Klausel teilweise auch damit begründet, dass ein Fixgeschäft den beiderseitigen Interessen der Parteien entsprechen müsse, was durch eine einseitige Festlegung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht möglich sei. Der BGH hat jedoch ausdrücklich offengelassen, "ob diese Wertung eine andere ist, wenn Fixgeschäfte branchenüblicherweise vorkommen.

Der Senat schließt sich der dem BGH folgenden Auffassung im Schrifttum an und gelangt auf dieser Grundlage im Streitfall zu dem Ergebnis, dass die Klausel Nr. 2 EKB die Vertragspartner der Beklagten weder überrascht noch unangemessen benachteiligt. Denn jedenfalls unter den vorliegenden Rahmenbedingungen im geschäftlichen Verkehr mit Unternehmern sowie im Zusammenhang mit der Bestellung und Lieferung von Möbeln hält die Klausel der Überprüfung stand.
Bayern.Recht
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